Anruf bei... Friederike Koch-Heinrichs vom Museum der Westlausitz
Bei Augusto-Sachsen.de geben Veranstalter, Künstler und Gastronomen Auskunft über ihre Sorgen und Hoffnungen, Probleme und Wünsche in Zeiten der Corona-Krise.
Die Corona-Krise trifft Veranstalter, Künstler und Gastronomen besonders hart. Auf augusto-sachsen.de beantworten sie unsere Fragen zu den Auswirkungen, die die derzeitige Lage auf ihren Beruf und ihren Alltag hat. Am Donnerstag, 9. April 2020: Friederike Koch-Heinrichs, Leiterin des Museums der Westlausitz in Kamenz
Wie geht es Ihnen angesichts des absoluten Veranstaltungsverbots?
Die Situation ist surreal. Bis Februar haben wir mit Hochdruck an unserer aktuellen Sonderausstellung „ Das Ende der Steinzeit – die ersten Bauern in der Lausitz“ gearbeitet: Interaktive Szenen gebaut, spannende Objekte aus ganz Deutschland und aus dem europäischen Ausland nach Kamenz transportiert. Alles ist pünktlich fertig geworden. Eine tolle Inszenierung, die nun von niemanden gesehen werden kann.
Was werden Sie heute tun?
Die Verwendungsnachweise für einige Drittmittelprojekte des letzten Jahres müssen fertig gestellt werden. Ergebnisberichte, Mittelabrechnungen, Projektbilanzen - also der eher trockene Alltag einer Museumsleitung.
Und was hätten Sie heute normalerweise getan?
Die Verwendungsnachweise wären natürlich trotzdem fällig gewesen. Wir hätten darüber hinaus aber mit Hochdruck an der Vorbereitung unserer Osterveranstaltungen gearbeitet. Karfreitag haben wir traditionell eine sorbische Familie vor Ort, die unsere Besucher in die traditionellen Verzierungstechniken für Ostereier einführt. Das Haus wäre voll, weil um diese Zeit viele Gruppen durch die Ausstellungen strömen - die aktuelle Ruhe hingegen ist eher beängstigend.
Gibt es schon einen Plan, wie Sie die unerwartete freie Zeit nutzen?
Positiv ist, dass viele Dinge, die lange Jahre liegen geblieben sind, jetzt eine Chance haben. Besonders die Sammlungen profitieren sehr davon. Objektkomplexe, die seit langem auf eine Bearbeitung warten, können jetzt in Angriff genommen werden. Damit profitieren besonders die klassischen Arbeiten wie Sammlung und Forschung von dieser Situation. Zusätzlich testen wir aber verschiedene Möglichkeiten der digitalen Vermittlung. Wir sind in den sozialen Medien aktiv, drehen kleine Videoclips über Arbeit und Ausstellung und arbeiten an einem virtuellen Rundgang durch das Museum.
Lässt sich der zu befürchtende finanzielle Verlust irgendwie ausgleichen?
Die Osterferien zählen zu den besucherstärksten Zeiten im Museum. Diesen Rückgang werden wir nicht mehr ausgleichen können. Wie hoch der Verlust ist, kommt aber letztendlich auf die Dauer der Zugangsbeschränkung an und kann erst beziffert werden, wenn wir wissen, wann die Wiedereröffnung möglich ist.
Was macht Ihnen Hoffnung?
Wir hoffen, dass wir die Ausstellungen bald wieder öffentlich zugänglich machen können - sei es auch nur für eine beschränkte Anzahl an Besuchern. Eigentlich eignen sich gerade Museen sehr gut dazu, in den Ausstellungen räumliche Distanz zu wahren. Die Regeln dafür haben wir schon in der Schublade.
Können Sie schon generelle Lehren aus dieser Erfahrung ziehen?
Die Erfahrungen, die wir aktuell im Bereich digitaler Vermittlung machen, werden sicher in Zukunft auch weiterhin eine starke Rolle in der Kommunikation mit der Öffentlichkeit spielen. Hier haben wir eindeutig noch Nachholbedarf.
Gespräch: Frank Treue