Spendenaktion für Künstler, Klubs und Kreative
Es geht um Selbsthilfe in der Corona-Krise - und um Unterstützung in der Szene und durch das Publikum. Jetzt ist auch Olaf Schubert bei der Aktion dabei.
Sie sind Hunderte, ja Tausende, die für Dresdens Kultur- und Kunstszene unersetzlich sind und denen durch den Stillstand in der Corona-Krise das Aus droht. Drei Branchennetzwerke haben sich nun zusammengetan und wollen betroffenen Kreativschaffenden und Klubs mit Spendenaktionen helfen.
Seit Ostern unterstützt auch Dresdens Kult-Comedian Olaf Schubert die Aktion. Hier geht es zu seinem Aufruf.
Direkt spenden kann man unter:
betterplace.me/supportyourlocalartists
betterplace.me/shutdown-rise-up-rettet-die-dresdner-klubs
Wer seine Spende gern mit einer Grußbotschaft verknüpfen will, kann das im Augusto-Veranstaltungskalender tun. Hier geht´s lang:
augusto-sachsen.de/spende
Zwei Protagonisten geben Auskunft, worum es geht und wie das funktionieren soll – Juliane Horn von „Wir gestalten Dresden“ und Stephan (Erich) Tautz vom Klubnetz Dresden.
Um wen geht es in eurer Aktion?
Juliane: Mit dem Spendenaufruf #supportyourlocalartists – also zu deutsch: Unterstützt eure Künstler*innen! – wollen wir schnelle und unkomplizierte Hilfe für die Menschen aus der Kultur- und Kreativwirtschaft in Dresden leisten, die durch die Corona-Krise betroffen sind. Das sind vor allem freischaffende Künstler*innen, wie Musiker*innen, Tänzer*innen oder Autor*innen – also die Leute auf der Bühne, denen von heute auf morgen Veranstaltungen weggebrochen sind und die nun ohne Aufträge vor prekären Situationen stehen. Aber auch die ‚Industrie‘ dahinter – Verlage, Veranstalter, Agenturen – und die frei Angestellten hinter den Kulissen,
Erich: Das betrifft auch die 13 Dresdner Clubs und Livemusikspielstätten, die sich seit Januar im Klubnetz zusammengeschlossen haben. Niemand hätte geglaubt, dass wir nach kaum dreimonatigem Bestehen bereits die größte Bewährungsprobe hinlegen müssen, um unsere Mitglieder im Bestand zu schützen. Allein hinter diesen Kultureinrichtungen stehen über 400 Menschen. Die meisten von ihnen haben angesichts der Krise weder Arbeit noch Einkommen, einige haben mit der Krise Arbeit ohne Einkommen und nur für die wenigsten von ihnen greift die Kurzarbeiterregelung.
Juliane: Übertragen auf die Kultur- und Kreativwirtschaft im Ganzen sind Tausende betroffen.
Wie unterstützt ihr die?
Juliane: Über unsere Website sammeln wir Spenden für Künstler*innen, Selbstständige und kleine Unternehmen bis maximal fünf Angestellte aus der Kultur- und Kreativwirtschaft. Unser Ziel ist es, jeder und jedem Betroffenen einen Pauschalbetrag von 225 Euro auszuzahlen. Das ist nicht viel, aber ein Anfang, der auch andere Maßnahmen sinnvoll ergänzt. Außerdem geht es darum, zeitnah Unterstützung zu leisten.
Erich: Das Klubnetz hat bereits am Sonntag vor einer Woche mit dem Streaming von DJ-Sets begonnen. Das holt zunächst einmal diejenigen ab, die auf das geliebte Musikvergnügen verzichten müssen und macht dabei auf die Situation der Spielstätten aufmerksam, in denen es normalerweise zelebriert werden würde. Dabei konnten schon die ersten Spenden eingenommen werden. Inzwischen wird das Streaming von einem Crowdfunding auf Startnext begleitet: „Shutdown? Rise up! – Rettet die Dresdner Klubs“. Das ist auch im doppelten Sinne eine fantastische Solidaritätsbekundung, weil immer wieder tolle Dankeschön aus den verschiedenen Szenen der bunten Dresdner Clubkultur beigesteuert werden.
Wie entscheidet ihr, wer die Spenden bekommt?
Juliane: Jeder kann sich in ein Spendenformular eintragen. Voraussetzung ist, dass die Akteure und Unternehmen aus der Kultur- und Kreativwirtschaft stammen und Umsatzeinbußen erlitten haben. Nach einer Überprüfung der Daten verteilen wir die Spenden dann ohne Zeitverzug. Das heißt, dass die Summen „laufend“ vergeben werden und nicht erst, wenn die gesamte Spendensumme eingenommen ist.
Erich: Ein guter Ansatzpunkt wären sicherlich die Mietkosten der Spielstätten. Wir sprechen bei unseren Online-Konferenzen intensiv darüber und werden einen Verteilungsschlüssel finden, der möglichst allen gleichermaßen gerecht wird. In jedem Fall soll schnelle Hilfe geleistet werden können, wo sie dringend nötig wird. Das wird sicher zuerst die nicht städtisch geförderten Spielstätten und von denen die kleinen und mittleren betreffen.
Gibt es eine Einteilung in kleine und große Kulturstätten?
Juliane: Naja, wenn wir über Kultur- und Kreativwirtschaft sprechen, dann reden wir über Privatwirtschaft. Als Branchenverband der Kultur- und Kreativwirtschaft vertritt Wir gestalten Dresden im Grunde die Interessen aller kleinen und mittelgroßen und großen Kultur- bzw. Spielstätten und Unternehmen abseits der städtischen Eigenbetriebe. Und ja, da gibt es Kategorisierungen, ab wann ein Unternehmen als groß oder ein Ort als Spielstätte gilt (das richtet sich nach der Zahl der Veranstaltungen und Besucher*innen).
Ist das nicht schwer, da eine Grenze zu ziehen?
Juliane: Ja natürlich. Aber auch begründbar. Unser Fokus liegt auf Selbständigen und Kleinunternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft sowie auf den kleinen und mittleren Spielstätten – einfach deshalb, weil diese oft eher vor existenzbedrohenden Situationen stehen, stärker auf sich selbst verwiesen sind und gleichzeitig, weil wir ihnen schneller helfen können als den großen Spielstätten und Unternehmen. Was nicht heißt, dass wir diese nicht auch unterstützen. Hinzu kommt, dass große Institutionen wie etwa das Staatsschauspiel, Hellerau, die Staatsoperette, der Kulturpalast, das tjg – theater der jungen generation städtisch angebunden sind und darum hier rausfallen – nicht aber ihre frei angestellten Künstler*innen sowie die Honorarkräfte hinter den Bühnen.
Ihr habt Dresdner Künstler*innen aufgerufen, eigene künstlerische Beiträge zu teilen und damit auf die Spendenaktion aufmerksam zu machen.
Juliane: Die Idee ist: Künstler*innen helfen Künstler*innen. Schließlich können wir nur so viele Spenden verteilen, wie wir einnehmen. Gleichzeitig möchten wir den Dresdner*innen so zeigen, wie reich ihre Kultur- und Kunstlandschaft – auch und vor allem abseits der Hochkultur – ist und was für wahnsinnig gute Künstler*innen wir hier vor Ort haben.
Kann man da schon was sehen?
Juliane: Als Start haben wir selbst acht Videos mit den Musiker*innen Christian Friedel und Annemaríe Reynis, dem Autor Volker Sielaff, der Tänzerin Rika Yotsumoto, dem Künstler Dominic Glöß, der Illustratorin Henrike Terheyden und den electronic artists und DJs Cuthead und Carina gedreht. In den nächsten Tagen bringen wir also die Künstler*innen in die Dresdner Wohnzimmer.
Geht es nur um Geldspenden?
Juliane: Tatsächlich ist Geld gerade das, was den Künstler*innen, Selbstständigen, Klubs etc. gerade am meisten hilft. Und: Motivation, das hier gemeinsam zu überstehen.
Erich: Geld ist das eine und Geld hilft in Notsituationen. Wenn du mich konkret fragst, denke ich da an einen sechsstelligen Betrag im Notfalltopf. Das ließe uns alle ruhiger schlafen.
Aber es geht um mehr?
Erich: Erfolgreich wäre der ganze Prozess, wenn wir zum einen das Klubnetz als solches mit seinem Solidaritätsgedanken durch dieses Nadelöhr manövrieren, und wenn wir mit diesem Prozess ein größeres Bewusstsein im Rathaus schaffen können; dafür, wie wichtig die einzelnen und ganz verschiedenen Akteure der Kreativwirtschaft und (Sub)kultur für die Attraktivität der Stadt sind – nach außen und vor allem im Innern! Denn viele von ihnen machen essentielle Kulturarbeit am Rande der Wirtschaftlichkeit und befinden sich auch ohne Pandemie in der Dauerkrise.
Juliane: Ob mit oder ohne Corona: Kreativwirtschaft bedeutet Erwerbstätigkeit. Am Ende des Tages muss die Miete gezahlt und eine Grundversorgung gesichert werden. Wir stellen immer noch fest, dass es an diesem Grundverständnis fehlt, etwa wenn es um Preise für Kreativdienstleistungen oder Produkte aus der Kreativwirtschaft geht. Hier wollen wir aufklären, indem wir Sichtbarkeit bieten, Bedarfe kommunizieren, für regionale Wertschöpfungsketten, regionale Produkte und lokale Auftragsvergaben sensibilisieren.
Gerade jetzt kann das den Kreativschaffenden helfen, sich schnell wieder von der Rezession zu erholen. Denn ganz ehrlich: Ohne Kreative wäre Dresden nur eine Wiese an einem Fluss.
Gespräch: Frank Treue
Das Klubnetz hat Videos produziert - hier sind sie zu sehen: https://www.facebook.com/watch/?v=527915284799954 oder https://www.youtube.com/watch?v=4kquMxz6dMI