Anruf bei... Konzertveranstalter Rodney Aust
Bei Augusto-Sachsen.de geben Veranstalter, Künstler und Gastronomen Auskunft über ihre Sorgen und Hoffnungen, Probleme und Wünsche in Zeiten der Corona-Krise.
Die Corona-Krise trifft Veranstalter, Künstler und Gastronomen besonders hart. Auf augusto-sachsen.de beantworten sie unsere Fragen zu den Auswirkungen, die die derzeitige Lage auf ihren Betrieb und ihren Alltag hat. Am Donnerstag, 30. April 2020: Rodney Aust, Manager der Konzert-Agentur Aust
Wie geht es Ihnen angesichts des absoluten Veranstaltungsverbots?
Bei uns wurde als erstes der Stecker gezogen, und wir werden auch erst am Schluß eingestöpselt. Eine beklemmende Situation die man gerade erlebt. Wir in unserer Agentur sind es gewohnt, kurzfristig und individuell auf den Bedarf der Besucher, Künstler oder deren Managements zu reagieren. Jetzt ist man wie mit Haftkleber fixiert. Es ist wie in Honig rühren. Das ist nicht unser Ding. Auch unsere Personaldienstleister, freien Mitarbeiter, Bühnenmeister, Produktionsleiter, Material- u. Energiedienstleister, PA-Lichtverleiher, Caterer, Bühnenvermieter und die Veranstaltungsstätten, alle in unsere Branche tätigen Gewerke hat es voll erwischt. Ich wünsche allen, dass sie diese schwierige Situation meistern und dass wir gemeinsam weiter machen können.
Was werden Sie heute tun?
Ich arbeite die Dinge ab, die jetzt wichtig sind. Meistens vom Büro aus. Wir beschäftigen uns damit, für abgesagte Konzerte neue Termine zu finden. Oft erst im nächsten Jahr. Der Weg zur Normalität wird uns sicher noch lange beschäftigen.
Und was hätten Sie heute normalerweise getan?
Agenturalltag in unserem Büro im Alten Schlachthof. Aktuell sollten jetzt Veranstaltungen mit Johannes Oerding, Albert Hammond, Luke Mockridge, Ten Years After, Eläkeläiset, Frank Turner, Engelbert, Klan statt finden. Ab Mai hatten wir ein tolles Open Air Programm für den Sommer 2020 geplant. Rammstein, Udo Lindenberg, Peter Maffay, James Blunt, Patti Smith, Silbermond, Mark Forster, Adel Tawil, LEA, Annett Louisan, Vincent Weis, Bosse und andere…
Gibt es schon einen Plan, wie Sie die unerwartete freie Zeit nutzen?
Mit den aktuelle Regularien versuchen wir gemeinsam mit den Tourneeagenturen der Bands eine eigene Exit Strategie zu entwickeln. Leider ist immer noch unklar, wie und wann es mit der Veranstaltungsbranche weitergehen kann.
Lässt sich der zu befürchtende finanzielle Verlust irgendwie ausgleichen?
Nein. Der Schaden ist immens! Es werden abgesagte Konzerte in den Herbst bzw. in das nächste Jahr verlegt, aber dann werden nicht doppelt so viele Veranstaltungen stattfinden. Fakt ist, dass die Einnahmen seit Mitte März für mindestens sechs Monate gleich NULL sein werden. Die Schadensumme gerechnet auf 6 Monate der bundesweiten freien Musikwirtschaft beträgt ca. 5.456 Millionen Euro. Bei Konzert- und Tourneeveranstaltern allein 3.653 Mio Euro (3,653 Milliarden !!), Musiklclubs 206 Mio Euro, kleine Festivals 233 Mio Euro und große Festivals 451 Mio Euro. Angesichts von Gewinnmargen von durchschnittlich acht Prozent vor Steuern sowie des ja stets risikobehafteten Geschäfts in unserer Branche und aus der Tatsache heraus, dass nicht klar ist, wann hier wieder der „normale“ Geschäftsbetrieb wieder aufgenommen werden kann, helfen die aktuellen Hilfsangebote nur in Ausnahmefällen.
Was macht Ihnen Hoffnung?
Die Fans sind sehr verständnisvoll, was die Absagen und Neuterminierung der Konzerte betrifft. Jeder möchte seine Band, seinen Künstler live erleben. Die Vorfreude darauf ist nach wie vor riesengroß. Ich freue mich auf den Tag, wenn wir wieder ON sind. An dieser Stelle bitten wir die Fans noch um einige Tage Geduld um alle aktuellen Informationen zu den Verlegungen und den damit verbundenen Informationen zur Ticketabwicklung bekannt geben zu können.
Können Sie schon generelle Lehren aus dieser Erfahrung ziehen?
Die Veranstaltungswirtschaft ist eine wichtige und tragende Säule des Kultur- und Freizeitlebens in unserer Gesellschaft. Die Veranstaltungsverbote sind nun ein gezielter Eingriff in die gesamte Kultur-und Veranstaltungsbranche, der ohne Beispiel ist und ohne geeignete Unterstützungsmaßnahmen dazu führen wird, dass unsere Kulturlandschaft weit über das Ende der Corona-Krise hinaus massiven und dauerhaften Schaden nehmen wird.
Gespräch: Frank Treue