Anruf bei... Felix Buchta vom Dresdner Club objekt klein a
Bei Augusto-Sachsen.de geben Veranstalter und Gastronomen Auskunft über ihre Sorgen und Hoffnungen, Probleme und Wünsche in Zeiten der Corona-Krise.
Die Corona-Krise trifft Veranstalter und Gastronomen besonders hart. Auf augusto-sachsen.de beantworten sie unsere Fragen zu den Auswirkungen, die die derzeitige Lage auf ihren Beruf und ihren Alltag hat. Am Samstag, 11. April 2020: Felix Buchta vom Club objekt klein a (oka) in Dresden.
Wie geht es Ihnen angesichts des absoluten Veranstaltungsverbots?
Es ist ein ziemlicher Schock festzustellen, dass alle Verdienstmöglichkeiten, die man sich über die Jahre so aufgebaut hat, mit der besonders betroffenen Veranstaltungsbranche zusammenhängen. Geplante Bookings mit meinem Musikprojekt fallen ebenso weg, wie Engagements als Stage-Hand im Festspielhaus Hellerau oder bei Messen. Die Löhne der zwanzig abhängig Beschäftigten im objekt klein a, zu denen ich gehöre, werden notgedrungen ausgesetzt. Arbeit fällt dort allerdings trotz Schließung an. Mein einziges Einkommen beziehe ich momentan vom Kulturzentrum scheune, wo man sich meine geringfügige Tätigkeit zur Zeit noch leistet. Das wirklich Belastende aber ist die Ungewissheit über die zu erwartende Dauer dieses Ausnahmezustandes.
Was werden Sie heute tun?
Gerade sitze ich auf meinem kleinen Balkon, der dieser Tage natürlich gold wert ist, und tippe dieses Interview und anschließend noch ein weiteres für das Klubnetz Dresden. Später steht eine Konferenz gemeinsam mit Clubkultur-Aktivist:innen aus Chemnitz, Leipzig an. Dabei wird nach einem Weg gesucht, um mehr Aufmerksamkeit und Spenden über ein gemeinsames Streaming-Angebot zu generieren. Danach wird voraussichtlich Mittag gekocht und anschließend widme ich mich der Abwicklung eines Förderprojektes aus besseren Tagen und überlege ob bzw. wie bewilligte und bereits beantragte Förderungen trotz Abstandsgebot vielleicht doch realisiert werden könnten. Zwischendurch ein Spaziergang, bestenfalls in der Sonne, und am Abend startet wieder der Klubnetz Soli-Stream, dieses Mal ausnahmsweise aus dem objekt klein a.
Und was hätten Sie heute normalerweise getan?
Ich hätte zusammen mit meinem Kollektiv den für dieses Wochenende geplanten Geburtstag des Clubs zelebriert. Normalerweise hätte ich mich zu diesem Anlass dort mit vielen Leuten getroffen, getanzt und gefeiert - ganz physisch, in real life. In unseren Gesprächen wäre dann normalerweise nur der ganz normale Wahnsinn Thema gewesen. Im Frühjahr hätten normalerweise viele befreundete Clubs ebenfalls das Jubiläum ihres Bestehens gefeiert. Das ist dann nicht nur emotional das Groß-Ereignis des Jahres, sondern zumeist auch finanziell eines der einträglichsten.
Gibt es schon einen Plan, wie Sie die unerwartet freie Zeit nutzen?
Tatsächlich habe ich kaum freie Zeit gewonnen. Da wo ich weniger bezahlte Arbeit verrichten kann, steht momentan umso mehr ehrenamtliche für das Klubnetz an. Doch durch die Quarantäne und aufgrund der ausbleibenden Veranstaltungen, habe ich so etwas wie einen Tagesrhythmus entwickelt und genieße seit langem wieder annähernd arbeitsfreie Wochenenden. Das ist irgendwie neu und bestimmt sehr gesund. Am Ende ist es aber die Eintönigkeit, der ich gerne wieder entkommen würde.
Lässt sich der zu befürchtende finanzielle Verlust irgendwie ausgleichen?
Die Frage ist vor allem, wie lange die Situation für die Clubs noch wird auszuhalten sein müssen. Auch während der Schließung laufen viele Kosten weiter, während sich unsere spärlichen Rücklagen dem Ende neigen. Die Fixkosten zu decken, ist für viele Locations aus eigener Kraft einen, vielleicht zwei Monate möglich. Da leider abzusehen ist, dass die Clubs als potenzielle Hotspots von Übertragungen wohl erst spät wieder angeschaltet werden, braucht es unbedingt Hilfe von außen. Wir haben natürlich bereits alle möglichen Mittel beantragt und bauen auf diese Gelder. Aber sie werden aller Voraussicht nach kaum reichen, bis ein Normalbetrieb wieder möglich ist.
Was macht Ihnen Hoffnung?
Die Solidarität innerhalb der Szene macht mir große Hoffnung darauf, dass wir es alle zusammen über den Berg schaffen. Das Klubnetz Dresden hat ja wie bundesweit viele andere auch eine Spendenkampagne ins Leben gerufen: Shotdown? Rise Up! Rettet die Dresdner Klubs. Und ich glaube, dass wir, dass die Clubkulturen hier und anderswo gestärkt aus der Krise hervorgehen können, wenn wir sie solidarisch meistern. Denn wir lernen, uns besser zu vernetzen und zu unterstützen. Und wir erfahren gerade viel Aufmerksamkeit - für das kreative und äußerst solidarische Krisenmanagement, und nicht zuletzt auch für die Dauerkrise unserer Kultur am Rande der Wirtschaftlichkeit. Ganz persönlich macht mir Hoffnung, dass ich ein Kollektiv bestehend aus einer Menge Freunden und Freundinnen um mich habe.
Können Sie schon generelle Lehren aus dieser Erfahrung ziehen?
Manch einer meint ja nun erkannt zu haben, wie sich die Natur an der Menschheit für ihre Hybris rächt. Ich finde es ehrlich gesagt daneben, jetzt große Narrationen zu bemühen, auch wenn es attraktiv ist, komplexe Sachverhalte darauf zu reduzieren. Wenn ich persönlich eine Lehre ziehen müsste, dann womöglich die, niemals nur auf ein Pferd zu setzen. Aber im Spiel hatte ich nie Glück. Vielleicht bin ich ja ein besserer Erntehelfer.
Gespräch: Frank Treue
Ostertipp von Felix Buchta:
Um trotz allem ein wenig zu feiern, wo auch immer wir alle quarantänisiert sind, spielen am Samstag einige unserer Residents und Newcomer im Klubnetz Stream. Vor den DJ-Sets bis tief in die Nacht wird es zum Auftakt um 18 Uhr auch zu einer kleinen Lesung kommen: Rainald Goetz - RAVE!
Spenden kann man für das Klubnetz Dresden unter:
startnext.com/rettet-die-dresdner-klubs
Direkt das oka kann man hier unterstützen:
https://support.objektkleina.com/'