Sonntagsausflug: Rundweg zum Puppentheater Zschoner Mühle
In der ehemaligen Hofscheune der Zschoner Mühle wartet ein heimeliges Puppentheater auf seine Besucher.
Obwohl wir schon oft zur Zschoner Mühle gewandert sind, haben wir uns noch nie das Puppentheater dort angesehen. Aber heute soll es endlich so weit sein! An diesem Wochenende spielen sie „Das kleine Ich bin ich“, nach dem Buchklassiker von Mira Lobe – eine liebenswerte Erzählung über Einzigartigkeit und Selbstbewusstsein für kleine Leser im Kindergartenalter. Bequem bestelle ich online unsere Eintrittskarten vor, die wir eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn abholen sollen.
Als Nicht-Autofahrer bringt uns wie so oft die Straßenbahn bequem ans Ziel – heute bis Gorbitz. Dort starten wir unsere Wanderung, die uns zunächst durch Omsewitz führt.
Der Ort wirkt an diesem Sonntagmorgen wie eine Geisterstadt und erscheint völlig ausgestorben. Am Himmel wechseln sich strahlender Sonnenschein und dunkle Wolken ab, und unser Weg durch die dörflich anmutenden, stillen Straßen ist sehr schön, sehr ruhig - und sehr kalt. Wir freuen uns, bei der Gelegenheit einen uns noch fremden Stadtteil kennenzulernen. Die teils kreativen Straßennamen sorgen zusätzlich für kurzweilige Erheiterung.
Schließlich erreichen wir den Zschonerberg, und es geht in Schlangenlinien abwärts. Die Route ist an dieser Stelle zwecks mangelndem Fußweg nicht ideal für Kinder – aber auch hier ist es am Sonntagmorgen menschenleer. An einer Pferdekoppel bleibt meine Tochter erst einmal stehen, um die heißgeliebten Vierbeiner anzuhimmeln – wir haben Zeit.
Schneller als gedacht kommt die Zschoner Mühle in Sicht. Unschlüssig, wie schnell die Kinderbeine unserer Tochter den Weg bewältigen können, haben wir extra viel Zeit eingeplant – und sind nun überpünktlich. Auch in gemütlichem Tempo haben wir nur eine gute halbe Stunde benötigt. Übrigens findet jeder, der mit dem Auto anreisen möchte, hier auch eine Parkmöglichkeit. Die Wiese vor dem Parkplatz ist über und über mit Maulwurfshügeln besäht, ein echtes Tretminen-Feld. Leider lässt sich heute morgen keiner der kleinen Fellfreunde blicken.
Ehe wir unsere reservierten Karten abholen können, haben wir noch reichlich Zeit und nutzen die Gelegenheit, um uns umzusehen. Der Innenhof der Zschoner Mühle ist schon geöffnet und begehbar. Allerdings sind wir die einzigen Menschen hier und wir fragen uns, ob sich außer uns wohl sonst noch jemand ins Puppentheater verirren wird.
Beim Umhergehen sehen wir die alte Mühlenbäckerei und den Eingang zum Mühlenmuseum, das gerade geschlossen ist, aber sicher auch einen Ausflug lohnt. Alte Wasserräder zeugen vom ehemaligen Mühlenbetrieb.
Wer an wärmeren Tagen auf eine kleine Stärkung einkehren will, findet hier auch ein Hoflokal. Über allem liegt ein nostalgischer Schleier vergangener Zeiten – noch im Winterschlaf, aber im Frühjahr wird hier mit dem Aufnehmen des Mühlenbetriebes und all seiner Angebote wieder reger Betrieb herrschen.
Eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn öffnet die Theaterkasse, nun müssen reservierte Karten abgeholt werden. Mit einem Schlag sind plötzlich mehrere andere Familien da, mit Kindern im Alter von etwa 3 bis 6 Jahren. Wir bekommen unsere Karten und suchen uns – fröstelnd vom langen Warten im Freien - einen Platz in der bestuhlten alten Scheune, die als Theatersaal dient und glücklicherweise wohlig warm geheizt ist. Der kleine Raum füllt sich schnell mit den anderen Familien.
Endlich geht es los. Das Puppenspiel-Team besteht aus einer Erzählerin – sie betritt nun die kleine Bühne – und dem Puppenspieler, der allerdings bereits hinter den Kulissen verschwunden ist. Man spürt, wie sehr beide aufeinander eingespielt sind. Die Erzählerin stellt sich vor und spricht das Publikum, insbesondere die Kinder, ganz persönlich an, was einen schönen und nahbaren Einstieg in das Stück schafft.
Die handbemalten Kulissen und das Puppenspiel selbst werden durch den ausdrucksstarken Vortrag der Erzählerin und einige Musikstücke unterstützt, die – so vermute ich – eigens für diese Erzählung komponiert wurden. Das kleine „Ich bin ich“ betritt die Bühne, ein seltsames buntes Stofftierchen – so niedlich und liebevoll genäht, dass wohl jedes Kind es am liebsten als Plüschtier mit heimgenommen hätte. Jedes Tier, dem das kleine „Ich bin ich“ im Laufe der Erzählung begegnet, erhält ein eigenes Musikstück, das seinen Charakter wunderbar unterstreicht. Spätestens, als ein gequält jaulender Kontrabass-Klang täuschend echt das Muhen einer Kuh imitiert, kreischen die kleinen (und großen) Zuschauer vor Lachen.
Ich bin begeistert. Schon lange habe ich kein Puppentheater mehr gesehen. Umso beeindruckter bin ich davon, wie mit wenigen Mitteln, aber viel Leidenschaft und Liebe zum Detail eine wirklich anrührende Inszenierung möglich wird. Immer wieder linse ich während der Vorführung heimlich zu meiner Tochter, sehe sie vorfreudig strahlen und vergnügt kichern. Später beobachte ich aus dem Augenwinkel, wie sie sich an ernsten Stellen betroffen ein paar Tränen aus dem Gesicht wischt – und auch ich bin wirklich gerührt, so authentisch nehmen die Erzählerin und die Figuren uns mit in das Geschehen.
In meinen Augen ist es eine hohe Kunst, eine Geschichte zu erzählen und eine Inszenierung zu gestalten, die gleichermaßen ein Kind und einen Erwachsenen unterhält und anrührt. Das ist hier auf jeden Fall gelungen. Ohne viel Schnickschnack, ohne unnötige Extratechnik, ohne Lichteffekte, ohne High-Tech-Soundanlage: Die Vorstellung ist persönlich, unmittelbar, die Puppen und Kulissen sind handgenäht und liebenswert gestaltet. Die Erzählerin ahmt eine unfassbar breite Palette an Stimmen und Tiergeräuschen nach – immer wieder vergesse ich, dass dort nur eine einzige Person sitzt, aus der es auf wundersame Weise vielfältig kräht, muht, zwitschert, brummt und pfeift. Wir sind ganz im Bann des Stückes, und viel zu schnell ist es vorbei.
Nach der Vorführung unterhalten wir uns kurz mit der freundlichen Mühleninhaberin, die uns insbesondere auf das bevorstehende Frühjahr hinweist: Ab April startet hier wieder der Mühlenbetrieb mit Hoflokal, Mühlenführungen, Brotbacken und anderen Besonderheiten. Na prima, denke ich, dann haben wir ja jetzt einen Plan für die wärmeren Tage!
Für den Rückweg wählen wir eine andere Route, die uns letztlich über Gompitz führen wird – unser Endziel ist der Spielplatz „Gompitzer Höhe“, den wir bereits kennen. Wir folgen eine halbe Stunde lang dem Zschonebach mitten durch ein herrliches Waldgebiet.
Schon jetzt freuen wir uns darauf, später einmal - im Sommer - in brütender Hitze hierher zu kommen und mit bloßen Füßen im kalten Bach zu stehen. Das Wasser ist flach, fließt ruhig und sieht wie geschaffen aus, um an warmen Sommertagen hineinzusteigen. Nach dem Heraustreten aus dem Wald genießen wir einen herrlichen Weitblick über endlose Felder. Noch immer kann sich der Himmel nicht entscheiden, ob er heute glasklares Blau oder doch eher bedrohlich schwarze Wolken präsentieren möchte.
Die Beine meiner Tochter, die auf den letzten Metern doch von merklicher Erschöpfung befallen sind, erlangen beim Anblick des vor uns liegenden Spielplatzes der Gompitzer Höhe auf magische Weise ihre Energie zurück – ehe wir uns versehen, sind die Kinderfüße losgeflitzt und auf der Spitze einer großen Kletterspinne angelangt.
Entspannt sehen wir ihr von einer Bank aus zu, während unser Gesicht wechselweise von strahlender Sonne und spontanen Schneeflocken bedeckt wird. Aber gut: In der Sauna sollen Temperaturwechsel ja auch gesund sein. Nachdem die Jüngste sich ausgetobt hat – auch nach einer Wanderung scheinen die Kraftreserven unerschöpflich – erreichen wir schließlich die nahgelegene Haltestelle der Straßenbahn, die uns nach diesem erlebnisreichen Ausflug wohlbehalten nach Hause bringt.
Informationen
Weitere Informationen zur Zschoner Mühle, Anfahrt und Öffnungszeiten finden Sie hier.
Den Spielplan des Puppentheaters kann man auf der Homepage einsehen.
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