Besuch bei... Thomas Hellmich von der Dresdner Reggae-Band Yellow Umbrella

Kultur im zweiten Lockdown – wie geht´s weiter? Augusto fragt Veranstalter und Künstler, wie sie mit der neuen Lage umgehen.

Die Band Yellow Umbrella gilt als Dresdens Reggae-Institution, leicht zu erkennen am gelben Schirm.
Die Band Yellow Umbrella gilt als Dresdens Reggae-Institution, leicht zu erkennen am gelben Schirm. © Marcus Engler / PR

Alles auf Anfang, Kulturstätten zu, Veranstaltungen abgesagt, Stille auf den Bühnen und in den Sälen. Alles auf Anfang? Mitnichten. Die Lage ist eine andere als im März und April. Damals herrschte zumindest anfangs weitgehende Einigkeit unter Veranstaltern und Künstlern, dass das Opfer ein notwendiges ist. Das ist in diesem tristesten November aller Zeiten nicht mehr so. Augusto hat vor acht Monaten Gespräche mit 35 Veranstaltern und Künstlern geführt. Wir knüpfen daran an und fragen erneut nach dem Umgang mit dem Stillstand im Kulturbetrieb – und natürlich nach der Zukunft. Mitte Dezember 2020: Thomas Hellmich von der Dresdner Reggae-Band Yellow Umbrella.

Posaunist Thomas Hellmich in Aktion.
Posaunist Thomas Hellmich in Aktion. © Zschillart J.S

Herr Hellmich, wie gut oder schlecht kommen Sie mit der Kontaktbeschränkung klar?
Privat komme ich eigentlich ganz gut klar. Auf ein paar Urlaubsreisen dieses Jahr zu verzichten, war gar nicht so schwer. Hart war allerdings, dass ich meine Schwester und meine fünf Neffen aus Schweden jetzt seit über einem Jahr nicht mehr persönlich gesehen habe. Das tut weh. Als Band war das schon viel schwieriger. Alle für 2020 geplanten Konzerte - bis auf drei - sind abgesagt bzw. auf 2021 verlegt worden. Das ist natürlich wirtschaftlich katastrophal. Für uns als explizite Live-Band war/ist aber der Verlust der Euphorie und der Energie der Live-Konzerte und des Kontakts zum Publikum noch schlimmer. Dann konnten wir uns auch lange nicht treffen und zusammen proben. Unser Saxophonist Bernard Lanis, der in Frankreich lebt, saß bisher zweimal in einem (echten) Lockdown fest.

Finden Sie die Maßnahmen gerechtfertigt?  
Ja. Das ist eine verdammt gefährliche Krankheit und wir müssen die Risikogruppe (30 bis 40 % unserer Bevölkerung!) schützen. Wenn die Intensivmedizin mal voll ist, wird auch über Corona hinaus gestorben. Demgegenüber sind relativ moderate Einschränkungen wie Abstand halten, Maske tragen, Kontaktreduktion, Reisebeschränkungen etc. mehr als gerechtfertigt.
 
Gibt es Corona-Fälle in Ihrem näheren Umfeld?
Ja. In der Familie und in der Band sind zwar alle Gott sei Dank gesund geblieben, aber ein paar Freunde hat es erwischt. Zum Glück nur mit mittelschweren Symptomen.

Wie haben Sie die frei gewordene Zeit genutzt?
Die überschüssige kreative Energie haben wir in die Arbeiten am neuen Album gesteckt, die dank der Segnungen der digitalen Möglichkeiten sehr gut vorangekommen sind. Ich denke, nächstes Jahr können wir Plattentaufe feiern.

Gibt es Unterstützung der Yellow Umbrella-Fans? In welcher Form?
Da unsere Fans die besten Fans der Welt sind, unterstützen sie uns, wo sie können durch Liebe, Zuspruch und ab und zu eine Bestellung im Webshop.

Glauben Sie durch den Impfstoff an ein Sommermärchen 2021?
Nun ja. Das wird bestimmt noch dauern, bis ausreichend viele Menschen immunisiert sind. In den ärmeren Ländern wird 2021 wohl traurigerweise kein oder nur ganz wenig Impfstoff ankommen. Aber vielleicht gibt es ja ein Sommermärchen 2022. Und wurden im Mittelalter nicht irgendwelche Orgien gefeiert, als die Pest vorbei war?

Was macht Ihnen Hoffnung im Moment? 
Die eben erwähnte Aussicht auf hochwirksame Impfstoffe. Das ist das Ende der Pandemie. Ein Triumph der Medizin!

Wie verbringen Sie Ihr Weihnachtsfest?
Gemütlich zu Hause im engsten Familienkreis. Mein Vater und die Schwiegereltern kommen aus Selbstschutz nicht vorbei. Vielleicht wird meine Mutter da sein.

Wie gehen Sie kreativ mit der Pandemie um – inszenieren oder ignorieren? Gibt es konkreten Output dazu?
Wir versuchen da zwar mit Galgenhumor durchzukommen. Aber expliziten kreativen Corona-Output gibt es bei uns nicht. Ich würde sagen, das läuft auf ignorieren hinaus.

Mit welchen Überraschungen dürfen Fans in der nächsten Zeit noch rechnen?
Alles kann ich natürlich nicht verraten, sonst wären es ja keine Überraschungen mehr. Wir haben etwas im Videobereich getan und falls das mit den Festivals 2021 noch nicht so richtig klappen sollte, haben wir einen Plan, wie wir die Festivals trotzdem zu den Leuten bringen können. Hippie-Style. Seid gespannt!

Was erhoffen Sie sich von 2021? 
Mehr Normalität, mehr von unserem alten Leben und natürlich mehr Konzerte.

Haben Sie schon Pläne für den Corona-Winter?
Ja. Wie immer: Holz hacken, Posaune üben und Skifahren, wenn’s geht.

Gespräch: Tom Vörös

www.yellowumbrella.de

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