Anruf beim Görlitzer Tierpark-Direktor
Bei Augusto-Sachsen.de geben Veranstalter, Künstler und Gastronomen Auskunft über ihre Sorgen und Hoffnungen, Probleme und Wünsche in Zeiten der Corona-Krise.
Die Corona-Krise trifft Veranstalter, Künstler und Gastronomen besonders hart. Auf augusto-sachsen.de beantworten sie unsere Fragen zu den Auswirkungen, die die derzeitige Lage auf ihren Betrieb und ihren Alltag hat. Am Montag, 20. April 2020: Dr. Sven Hammer, Geschäftsführer, Direktor und Zootierarzt im Görlitzer Naturschutz-Tierpark.
Wie geht es Ihnen angesichts des absoluten Veranstaltungsverbots?
Schlecht, Monate der Vorbereitung liegen hinter uns, wir sind perfekt auf den Saisonstart 2020 vorbereitet, haben investiert und nun haben wir geschlossen! Das ist für uns nicht nur emotional, sondern auch finanziell eine sehr belastende Zeit.
Was werden Sie heute tun?
Wie immer betreuen wir zusammen mit dem Tierparkteam unsere Tiere. Aber auch der Unterhalt, die Technik und die Versorgung des Tierpark muss täglich sichergestellt sein. Zusammen mit meinen Mitarbeitern versuchen wir auf den sozialen Netzwerken ein bisschen Tierpark nach Hause zu bringen. In Form von kleinen Video-Sequenzen, Live Tierpark-TV und weiteren spannenden zoopädagogischen Angeboten.
Und was hätten Sie heute normalerweise getan?
Mich an vielen Besuchern in unserem schönen Naturschutz-Tierpark Görlitz-Zgorzelec gefreut!
Gibt es schon einen Plan, wie Sie die unerwartete freie Zeit nutzen?
Ich habe leider keine freie Zeit, denn jede freie Minute verbringe ich mit der Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten und Spendenaufrufen, um die sehr hohen Verluste seit der Tierparkschließung etwas zu mildern. Der Betrieb des Tierparks mit seinen 500 Tieren und den 40 Arbeitsplätzen kostet uns Sommer wie Winter 5.000 Euro täglich. Bis Ende April haben wir durch die Schließung einen Verlust von 170.000 Euro zu beklagen!
Lässt sich der zu befürchtende finanzielle Verlust irgendwie ausgleichen?
Leider gibt es für zoologische Einrichtungen bis jetzt keinen Rettungsfond. Trotz dringender Bitte an die Politik gibt es bis heute keine greifbaren Optionen für uns. Beispielhaft möchte nun Mecklenburg-Vorpommern einen Hilfsfond für zoologische Einrichtungen auflegen. Das brauchen wir in Sachsen unbedingt auch! Kurzarbeit können wir nur sehr begrenzt anwenden, da unsere Tiere und der Tierpark mit und ohne Besucher gleich betreut werden müssen. Kredite helfen uns auch nicht, denn wie sollen wir diese als gemeinnützige Organisation jemals zurückzahlen?
Was macht Ihnen Hoffnung?
Die unglaubliche Spendenbereitschaft der Menschen, die ihren Tierpark in Görlitz in dieser schweren Zeit unterstützen.
Können Sie schon generelle Lehren aus dieser Erfahrung ziehen?
Wir müssen uns politisch mehr Gehör verschaffen. Ein Tierpark ist eine bedeutende multifunktionelle Kultureinrichtung und steht mehr denn je im Mittelpunkt unserer Gesellschaft. Er ist für alle sozialen Schichten und für jede Altersgruppe da. Gerade in Krisenzeiten müssen auch Hilfspakete für zoologische Einrichtungen vorhanden sein, sodass wir die Möglichkeit haben, auch nach einer Ausnahmesituation für die Menschen noch da zu sein und weiterhin unsere Gesellschaft unermüdlich für Arten- und Naturschutz zu sensibilisieren.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten...
Gerade bei schönstem Wetter würden wir, natürlich unter Einhaltung entsprechender Auflagen, gerne den Menschen an der frischen Luft spannende Natur- und Tiererlebnisse wieder ermöglichen und so eine sichere Alternative bieten.
Gespräch: Frank Treue