Anruf beim Dresdner Puppentheater Marco Vollmann
Bei Augusto-Sachsen.de geben Veranstalter und Gastronomen Auskunft über ihre Sorgen und Hoffnungen, Probleme und Wünsche in Zeiten der Corona-Krise.
Die Corona-Krise trifft Veranstalter und Gastronomen besonders hart. Auf augusto-sachsen.de beantworten sie unsere Fragen zu den Auswirkungen, die die derzeitige Lage auf ihren Betrieb und ihren Alltag hat. Am Donnerstag, 26. März 2020: Marco Vollmann, Chef des gleichnamigen Puppentheaters in Dresden
Wie geht es Ihnen angesichts des absoluten Veranstaltungsverbots?
Zu Hause arbeiten ist für mich nichts Neues. Seit vielen Jahren arbeite ich größtenteils in meinem heimischen Arbeitszimmer oder neudeutsch Homeoffice. Was wegfällt ist, was ja das Ziel der ganzen Büroarbeit darstellt: die Vorstellungen und der Kontakt zum Publikum. Das spüre ich sehr schmerzlich. Die lange Zeit ohne Einnahmen bedeutet außerdem einen unglaublichen Einschnitt für uns kleineren Künstler. Dennoch geht es mir gut. Ich bin gesund, erfahre Anteilnahme meiner Fans, fühle mich, was für mich neu ist, von der Politik nicht ganz im Stich gelassen und komme auch innerlich allmählich zur Ruhe.
Was werden Sie heute tun?
Heute werde ich wieder neue Requisiten für meine Geschichten basteln und meine Website überarbeiten.
Und was hätten Sie heute normalerweise getan?
Am heutigen Donnerstag hätte ich vormittags in einer meiner Spielstätten, in der "Alten Feuerwache" Loschwitz das Märchen "Zwerg Nase" gespielt. Danach hätte ich wohl ein Gastspiel in einer Kindereinrichtung gehabt. Abends wäre dann sowieso Bürokram angesagt.
Gibt es schon einen Plan, wie Sie die unerwartete freie Zeit nutzen?
Die freie Zeit nutze ich zur Überarbeitung vorhandener, und der Entwicklung neuer Inszenierungen, sowie zum Weiterarbeiten an bisher in den Schubfächern liegengebliebener Projekte.
Lässt sich der zu befürchtende finanzielle Verlust irgendwie ausgleichen?
Wohl nicht. Für uns Künstler gibt es ein paar einkommensstarke Zeiten im Jahr, zu denen für Puppenspieler*innen auch die Oster- und Kindertagszeit gehört. Vorstellungen, die hier ausfallen, bedeuten einen herben Verlust. Werden hierfür Ersatztermine gesucht, kommen die allenfalls wieder zu o.g. und eben nicht zu dünner belegten Zeiten infrage. Da diese aber eh gut ausgebucht sind, bedeutet das, dass der Verlust bestehen bleibt. Aus dem Grund sind auch Kredite keine wirkliche Lösung für uns.
Was macht Ihnen Hoffnung?
Der bisher einsichtige und friedliche Verlauf der Maßnahmenumsetzung macht mir Hoffnung, dass die Krise bald überwunden werden kann. Die Erfahrungen und neu entwickelten Ansätze könnten uns lehren, wie wir als Gesellschaft künftig besser leben könnten. Ich hoffe sehr, dass nach dieser Krise etwas von den Einsichten bleibt.
Können Sie schon generelle Lehren aus dieser Erfahrung ziehen?
Unsere Gewohnheiten, unser Wohlergehen, der Erfolg, Beziehungen, ja das Glück sind offenbar fragiler, als wir uns gemeinhin eingestehen. Eine tiefe Dankbarkeit begleitet mich von je her. Neu entdecke ich aber eine gewisse Gelassenheit, die einer grundlegenden Zufriedenheit entspringt. Naja, und nicht zuletzt erfahre ich, dass das Leben wohl weitergeht, auch wenn man mal mehr als 5 Tage keine Vorstellung hat. Das hatte ich nämlich bisher noch nie.
Gespräch: Frank Treue