Augusto fragt nach … in der Tanz- und Familiengaststätte Immergrün in Dresden

Pächter Dieter Förster über seine Zeit als Laienschauspieler, Veranstaltungen in seinem Lokal und die Schwierigkeit der 2G-Regeln.

Von Marcel Pochanke
Dieter Förster hat das Immergrün 2002 als Pächter übernommen. Unablässig sucht und findet er neue Ideen für Veranstaltungen in dem Lokal in Dresden-Leutewitz.
Dieter Förster hat das Immergrün 2002 als Pächter übernommen. Unablässig sucht und findet er neue Ideen für Veranstaltungen in dem Lokal in Dresden-Leutewitz. © Marcel Pochanke

 
Das Immergrün liegt in Dresden-Leutewitz inmitten der gleichnamigen Gartenanlage. Aber es versteht sich nicht nur als Gartenlokal. Natürlich gibt es frisch gezapftes Bier, deftige Gerichte, Kaffee und Kuchen. Das Speisenangebot ist in seiner Vielfalt aber bemerkenswert. Regelmäßige Veranstaltungen lassen den Saal mit bis zu 80 Plätzen aus allen Nähten platzen – wenn die Corona-Situation keinen Strich durch die Rechnung macht.

Der Gästegarten in der warmen Jahreszeit.
Der Gästegarten in der warmen Jahreszeit. © Immergrün/PR

Herr Förster, da Sie gerade ein Dresdner Bier zapfen. Achten Sie auch sonst auf ein regionales Angebot?
Ja, auf jeden Fall. Bei den Gerichten haben wir Sachen wie Krautrouladen oder Beefsteak, das finden die Gäste nicht in Restaurants der Innenstadt. Bei den Zutaten schauen wir auch, dass das meiste von hier kommt. Bis zum Gemüse wie etwa Bohnen, das die Menschen in der Gartenanlage zu viel haben und wir ihnen abkaufen.

Ein Mann betritt den Gastraum. „Ich will coronabedingt absagen", hört man durch seine Maske hindurch. Es ist eine Geburtstagsfeier für 20 Gäste. Gleich darauf erscheint ein Paar und fragt besorgt, ob die Veranstaltung am 1. Advent denn stattfinde. „Von uns aus ja“, sagt Dieter Förster. "Wenn dann die Mindestzahl von Gästen erreicht wird."

Dieter Förster: Viele Gäste aus der Nachbarschaft trauen sich nicht mehr wegzugehen, in die Stadt hinein. Aber bis zu uns kommen sie. Zu den Veranstaltungen sowieso. Da muss man Leute einladen, die sie seit ihrer Jugend her kennen. Wie Uta Schorn, Gojko Mitic oder Hansgeorg Stengel. Stengel, der konnte ein Programm machen und war so gerne bei uns. Er war, nachdem ich das Immergrün 2002 übernommen habe, damals mein erster Showgast. Ich weiß es noch, vorher war er in Freital im Kulturhaus, hatte dann Mühe, uns zu finden, war zu spät. Die Bude war voll, die Leute wurden unruhig, ich bin hier Heldentode gestorben. Dann steigt Stengel in aller Seelenruhe aus, schaut sich gemütlich um. „Die warten auch noch zehn Minuten, wenn die bis jetzt gewartet haben“, sagt er. So war das. Hier wussten die Leute, sie können den Stars aus nächster Nähe begegnen.

Wie sind Sie damals zum Chef im Immergrün geworden?
Ich war Koch in der Leutewitzer Windmühle, das ist nicht weit von hier. Das war eine Arbeit ganz ohne Kundenkontakt. Als dort der Chef wechselte, habe ich zu den Stammgästen gesagt: Leute, wenn ihr irgendwo ne Kneipe wisst, wo ich selbst kreativ arbeiten kann, dann sagt Bescheid. Und so tat sich das Immergrün auf.

Wie haben Sie das Immergrün vorgefunden?
Ich kam also, um es mir anzusehen. Keine Tischdecken, keine Blumen. Es gab allerhand Automaten, Billard, Dart. Eine Bierkneipe. Aber das war mir damals egal, ich war ja als Koch in der Küche – erst einmal. Aber es gab Ungereimtheiten. Irgendwann, 2002, hieß es dann: Du übernimmst das.

Mit allem drum und dran. Sie bilden auch aus?
Richtig, und ich denke auf gutem Niveau. Einer, den ich ausgebildet habe, ist zum Beispiel jetzt Sous Chef im Ballhaus Watzke. Zu den meisten Ehemaligen habe ich heute noch Kontakt.

Seit knapp zwei Wochen erleben Sie den Betrieb unter den 2G-Regeln. Wie sind die Erfahrungen?
Schlecht. Sie haben die Abbestellung ja selber mitbekommen. Die Leute sind verunsichert. Die kommen nicht oder sagen ab, vielleicht weil einer von der ganzen Gruppe nicht geimpft ist.

Das betrifft sicher auch die Veranstaltungen?
Ja, da habe ich zu kämpfen. Noch im Oktober war alles voll. Die nächste Woche werde ich absagen müssen. Auf jeden Fall soll am 5. Dezember Spasimir und Klecks stattfinden, wenn wir dürfen. Das ist traditionell unsere Dankeschönveranstaltung für unsere Gäste mit Kindern.

Wie ging es Ihnen insgesamt in der Corona-Zeit?
Wir sind froh, dass wir wieder arbeiten konnten und noch dürfen. Nach dem Lockdown war es hier explosionsartig wieder voll, wir hatten so viel zu tun, dass wir das mit den Arbeitskräften kaum geschafft haben.

Sie bieten auch Außer-Haus-Verkauf?
Das machen wir wieder. Aber der Aufwand ist für uns eigentlich zu groß. Die Gäste können jedes Gericht auf der Karte bestellen und selber abholen. Das rechnet sich jedoch nur an Feiertagen. Das hat letztes Jahr zu Weihnachten unheimlich geklappt. Diszipliniert haben alle in der Schlange draußen gewartet, bis immer einer reinkam, sein Essen holen. Sie haben sich schon alle wieder angemeldet, falls es eine Schließung gibt. Aber – wenn jetzt noch ein Lockdown kommt, dann ist es fraglich, ob noch einmal die Chance zum Neubeginn gegeben ist.

Ich habe gesehen, dass hier sogar ein Astro-Stammtisch stattfindet?
Ja, die Sternenfreunde. Das sind richtige Hobby-Wissenschaftler. Einige spontane Besucher verwechseln das mit Sternendeutung und denken irrigerweise an Astrologie. Aber nein, das ist ein anderes Fach.

Und die Hobby-Astronomen stellen dann ihre Teleskope in der Gartenanlage auf?
Genau. Oder zeigen Fotos von ihren Reisen und Beobachtungen. Das ist ganz zwanglos, vor Corona waren bis zu 30 Leute da.

Ich nehme an, bei Ihnen ist der Anteil der Stammgäste sehr hoch?
Ja, aber ich denke, dass durch unsere Veranstaltungstätigkeit immer wieder neue Leute angesprochen werden – die dann wiederkommen. Und ich staune, dass es immer noch Gäste aus der näheren Umgebung gibt, die das erste Mal bei uns sind. Und wichtig ist mir, dass sich alle Gäste, egal, woher sie kommen oder was sie denken, hier wohlfühlen und zufrieden nach Hause gehen.

Da Sie bewusst kreativ Ihre eigene Küche haben wollten – die Gerichte auf der Karte kreieren Sie selbst?
Die Karte mache ich. Aber die Azubis haben genauso das Recht und die Pflicht, daran mitzuwirken. Und wir lassen auch Vorschläge unserer Gäste in die Gestaltung des Angebots einfließen.

Was findet sich da aktuell in der Karte?
Das sind zum Beispiel einige vegetarische oder vegane Gerichte, die wir jetzt mit anbieten.

Die Preise sind vergleichsweise wirklich günstig. Eine bewusste Entscheidung?
Ich stehe auf dem Standpunkt: Mit den derzeitigen Preisen komme ich um den Ring, ich muss mir nicht innerhalb eines Jahres die goldene Nase verdienen. Bei der entsprechenden Qualität und wenn die Gäste wiederkommen, ist meine Existenz gesichert.

Sie haben Montag geöffnet, dafür Dienstag und Mittwoch Ruhetag?
Ich sage: Ich möchte die Gaststätte so verlassen, dass, wenn ich umfalle, mein Nachfolger nicht den Dreck wegräumen muss. So ist Montag die Gelegenheit, Ordnung zu schaffen nach dem Wochenende, Mise en Place, wie es in der Gastronomie heißt. Dazu kommt der Schriftkram. Dienstag und Mittwoch ist dann wirklich Ruhe – wobei, bei Anfragen von Gruppen ab 15 mache ich auf …

Welche neuen Ideen und Pläne gibt es?
Nächstes Jahr ist das 20-jährige Bestehen. Wir verhandeln jetzt schon mit Künstlern dafür. Ich hoffe noch, dass alles stattfinden kann. Und: Die Gäste können mir gern noch ihre Vorschläge machen, wen wir dann einladen könnten.

Übrigens, eins fällt auf: Die Wünsche der 30-40-jährigen sind schwer zu erfüllen. Weil sie auch selbst nicht wissen, was sie antworten sollen, wenn man sie fragt: Was sollen wir mal machen? Bis auf einen Spieleabend sind wir da noch nicht weitergekommen. Aber dann, wenn man fragt, welche Spiele: Das wissen sie wieder nicht genau…

Ansonsten verbessern wir den IT-Bereich, es gibt jetzt Gäste-W-Lan. Vielleicht auch demnächst eine digitale Speisekarte, wo das Essen nicht nur in Schriftform auftaucht. Und nach wie vor soll es unsere vielen Veranstaltungen geben.

Die Weihnachtszeit im Immergrün ist gemütlich und reich an Veranstaltungen - wenn nicht Corona dazwischenkommt.
Die Weihnachtszeit im Immergrün ist gemütlich und reich an Veranstaltungen - wenn nicht Corona dazwischenkommt. © Immergrün/PR

Tanz- und Familiengaststätte "Immergrün"


Ockerwitzer Str. 60
01157 Dresden

Telefon: 0351 4222180
E-Mail: [email protected]
Internet: www.immergruen-dresden.de

Erreichbarkeit:
Die Straßenbahn, Linie 1 und 12, hält direkt vor dem Lokal (Haltestelle Leutewitz).
Parkplätze sind auf der Warthaer Straße und Ockerwitzer Straße am Eingang zur Gartensparte ausreichend vorhanden.

Alle Interviews mit Gastronomen finden Sie hier.

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