Augusto fragt nach … in der Ottendorfer Hütte

Geschäftsführerin Bea Werner-Michel über Hochwasser- und Coronafolgen – aber auch Kultur in der Hütte und Gäste aus aller Welt.

Von Marcel Pochanke
Bea Werner-Michel zapft böhmisches Bier für durstige Wanderer. Die Gastronomie der Ottendorfer Hütte ist vor allem für diese und die Übernachtungsgäste da.
Bea Werner-Michel zapft böhmisches Bier für durstige Wanderer. Die Gastronomie der Ottendorfer Hütte ist vor allem für diese und die Übernachtungsgäste da. © PR

Am Rande der Sächsischen Schweiz oberhalb des Kirnitzschtals gelegen befindet sich die Ottendorfer Hütte. Sie ist der Stützpunkt einer Kletterschule, zu der 1999 eine Herberge und 2000 eine urige Gaststätte für Wanderer und Übernachtungsgäste kamen. Seit 2007 gibt es auch ein Ferienhaus für bis zu 24 Gäste. Ursprünglich war an dem Ort ein Baustofflager, in der späten DDR ein Kinderferienlager, das aber nur im Sommer genutzt wurde. Jetzt ist in der Ottendorfer Hütte ganzjährig was los – wenn nicht Corona dazwischenkommt.

Die Wintersaison in der Sächsischen Schweiz steht vor der Tür. Die Ottendorfer Hütte war besser als je zuvor gebucht. Nun hofft man, dass die coronabedingte Schließung nicht zu lange dauert.
Die Wintersaison in der Sächsischen Schweiz steht vor der Tür. Die Ottendorfer Hütte war besser als je zuvor gebucht. Nun hofft man, dass die coronabedingte Schließung nicht zu lange dauert. © PR

Frau Werner-Michel, wie ist die aktuelle Lage Ende November 2021: Gibt es trotz der Schließung touristischer Angebote zumindest noch Wanderer, die zu Ihnen finden?
Die schwierige Lage haben wir quasi seit dem Juli-Hochwasser. Seit 2010 gab es kein Jahr, in dem die Straße ins Kirnitzschtal nicht gesperrt war. Jahrelang war sie kaputt, wurde gebaut. Und dann kam wieder das Unwetter. Wir hoffen, dass die Landesverwaltung die Straße wenigstens einspurig herstellt. Es kann nicht sein, dass jetzt wieder ein ganzes Jahr und länger zu ist.

Sie sind seitdem also nur von einer Seite erreichbar?
Nur von Sebnitz her. Und Wanderer können uns zu Fuß von überall erreichen. Aber wir mussten die letzten vier Monate vor allem auf Hausgäste setzen. Wenn jetzt der Teillockdown bedeutet, dass es die nicht mehr gibt, hat es keinen Sinn mehr, offen zu halten. Es ist insgesamt eine ziemlich schwierige Zeit.

Wie lief der Sommer insgesamt für Sie?
Wir hatten gut Gäste. Im Juni noch verhalten, da konnten wir langsam wieder hochfahren. Bis Ende Oktober war es dann sehr gut. Teilweise hätten wir uns nicht mehr wünschen wollen. Wenn alle Hausgäste zur in Deutschland üblichen Zeit um 19 Uhr essen wollen, kommt entsprechend der Ansturm… Wir öffnen von vornherein nicht mittags, weil wir nicht an den großen Wanderwegen liegen. Unter der Woche machen wir 17 Uhr auf, am Wochenende 15 Uhr. Für angemeldete Wandergruppen machen wir aber gern auch Mittagessen. Aber insgesamt haben wir uns gut durchgewurstelt.

Wie war die Buchungslage aktuell?
Ich habe gerade Stornierungen ohne Ende für die nächsten drei Wochen gemacht. Das sind Summen fast im mittleren fünfstelligen Bereich, das ist schmerzhaft. Zumal die Winterbelebung, die der Tourismusverband Sächsische Schweiz seit einigen Jahren angeht, spürbar greift: Im letzten Jahr mussten wir schon viele Stornierungen buchen, in diesem Jahr ist es noch krasser. Wir können vielleicht ein wenig Lieferbetrieb machen, aber der Gewinn kommt ja bei den Getränken.

Sie haben ein Außer-Haus-Angebot?
Jein. Wenn jemand bestellt, gucken wir. Für fünf Essen kann ich nicht das Personal in die Küche holen. Wenn Weihnachtsfeiern geplant waren wie jetzt für vielleicht 20 Menschen, die dann bestellen, das geht.

Bei Ihnen finden auch Kulturveranstaltungen statt. Wo setzen Sie da den Schwerpunkt?
Wir wollten in der Nebensaison was machen, darum ging es mehr als um eine inhaltliche Themensetzung. So haben wir länger schon versucht, ein bisschen Kultur in die Hütte zu bringen und dass die Gäste vielleicht ein oder zwei Übernachtungen dranhängen. Richtig funktioniert es, seit wir die Vermarktung verbessert haben. Unter dem Slogan „Kultur in der Hütte“, der fünf Veranstaltungen umfasst, hat das eine ganz andere Wirkung. Von November bis März gibt es zwei Reisevorträge, eine Lesung, zwei Konzerte. Diese Gewichtung wollen wir beibehalten. Dazu gibt es jeweils thematisch passende kulinarische Angebote. Über die Menükarte können Gäste in die Region eintauchen. Und sie machen am nächsten Tag vielleicht noch eine schöne Wanderung. Wir sind froh, dass wir zwei Veranstaltungen durchführen konnten, die so im letzten Jahr nicht geklappt hatten. Mal sehen, was mit den anderen wird.

Die Preise auf Ihrer Karte sind ausgesprochen moderat. Ein Pott Kaffee kostet zum Beispiel 2,50 Euro.
Klar, wir sind hier nicht Großstadt. Die Gaststätte passt damit zur Herberge. Selbst hier ist manchen das Bier noch zu teuer [3,70 Euro d. halbe Liter, d. Red]. Sogar im Freundeskreis wird das diskutiert. Aber wir müssen den Mitarbeitern einen entsprechenden Lohn bieten können. Personalprobleme haben wir wie viele andere permanent.

In Ihrem Leitbild findet sich unter anderem der Umweltschutz. Wie sieht das konkret aus?
Nachhaltigkeit ist vor allem unser Thema. Das ist mir schon immer wichtig, und es geht um grundlegende Alltagsdinge, wie Papier beidseitig bedrucken, wir haben fast auf jedem Gebäude eine Photovoltaikanlage, nutzen Regenwasser. Oder beim Frühstück, da gibt es nicht die kleinen einzeln abgepackten Leberwürste oder Joghurts. Das ist für mich eine Unart.

Auf der Karte stehen regionale Gerichte.
Auf der Karte stehen regionale Gerichte. © PR


Empfehlen Sie Ihren Gäste daher, den öffentlichen Verkehr zu nutzen?
Wir haben zum einen genug Parkplätze. Aber wir würden die Besucher gern auf öffentliche Verkehrsmittel umlenken. Doch das funktioniert nicht. Bis Juli fuhr erstmalig am Sonnabend und Sonntag ein stündlicher Bus auch ins Tal, die Linie zwischen Bad Schandau und Sebnitz. Das war richtig super. Seit dem Hochwasser fährt kein Bus mehr, nicht mal mehr einer, der einen Schlenker nach Ottendorf macht.

Wochentags ist es so: Wenn ein Gast zur Felsenmühle mit dem Bus möchte, braucht er mindestens eine Stunde zehn Minuten. Er läuft dorthin eine dreiviertel Stunde. Es gibt keine Möglichkeit, wochentags direkt nach Bad Schandau zu kommen. Es ist eine katastrophale Anbindung. Da seit diesem Jahr die Kurtaxe einen Euro mehr kostet, man Busse dafür gratis nutzen könnte, schmerzt das umso mehr.

Spätestens zur nächsten Saison muss die Straße durch das Kirnitzschtal wieder freigegeben werden. Gäste kommen aus Berlin in zweieinhalb Stunden nach Bad Schandau und brauchen dann bis zu drei zu uns. Das fällt auf uns zurück, in den Bewertungen und Rezensionen. Unser Haus wird dafür verantwortlich gemacht.

Schauen wir nach vorn: Bei Ihnen finden auch Fastenwochenenden oder Yoga-Retreats statt. Ein Trendmarkt?
Wir haben das Ferienhaus mit Gemeinschaftbereich, eine Sauna ist drin. Solche Anbieter buchen dafür das ganze Haus und bieten das an. Sie sind die Profis. Wir machen teilweise geführte Wanderungen. Sind aber vor allem Quartiergeber.

Und was soll die Zukunft für Sie und die Ottendorfer Hütte bringen?
Ein kompletter Personalstamm ist immer noch ein Traum. Dass man nicht der einzige Dreh- und Angelpunkt ist von allem. Jemanden hat, dem man das Geschäft wohlwollend in die Hände geben kann und mal drei Wochen Urlaub machen – das hatten wir noch nie. Selbst im Lockdown nicht, da konnte man ja nicht weg. Wir wünschen, dass es gut weitergeht und die Gäste zufrieden sind – und die, die meckern, weil sie in einer Herberge vielleicht ein Fünf-Sterne-Haus suchen, sich eine andere Unterkunft suchen. Die sozialen Netzwerke mit ihren anonymen Kommentaren sind manchmal ein großer Mist. Aber sie bringen uns auch viele Gäste. Zuletzt war eine junge Frau aus Singapur da, Gäste aus Indien. Das ist schön.
 
 

Ottendorfer Hütte

Hauptstraße 27
01855 Sebnitz/ OT Ottendorf

Telefon: 035971 80850
Mobil: 0170 2765305

E-Mail: [email protected]
Internet: www.ottendorfer-huette.de

Innen herrscht Gemütlichkeit. Platz ist auch für größere Gruppen.
Innen herrscht Gemütlichkeit. Platz ist auch für größere Gruppen. © PR

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