Augusto fragt nach… in der Kultuhr in der Fleischerbastei in Zittau

Inhaber Thorsten Egg-Selonny über Beziehungen, das Böhmische in der oberlausitzer Küche und die Schönheit von Zittau.

Von Marcel Pochanke
Thorsten Egg-Selonny im Biergarten der KultUhr.
Thorsten Egg-Selonny bedient selbst im Biergarten der Kultuhr. Am Tisch sein jüngst verstorbener Kumpel Mario Heinke. Diese Bild soll auch ein Andenken sein. © SZ-Archiv

Die KultUhr in der Zittauer Fleischerbastei, einem jahrhundertealten Bauwerk und Teil der historischen Stadtbefestigung, ist Restaurant, Kneipe und Biergarten in einem. In rustikalem Ambiente gibt es traditionelle und regionale Küche. Nur bei den Bieren schaut Inhaber und Bier-Liebhaber Thorsten Egg-Selonny, den alle nur „Horscht“ nennen, über den Tellerrand beziehungsweise den Ärmelkanal: Neben sächsischen stehen irische Hopfensäfte hoch im Kurs.

Herr Egg-Selonny, Sie haben sieben verschiedene Biere vom Fass im Angebot. Das ist beachtlich. Welches davon ist Ihr persönlicher Favorit?
Mmh. Das Murphys Irish Red.

Und welches ist bei den Gästen am beliebtesten?
Eigentlich gibt es da keine Favoriten, es ist ja fast für jeden Geschmack was dabei.

An welche Gäste richtet sich Ihr Restaurant besonders?
Viele unserer Gäste sind Stammkunden: Zittauer und Nicht-Zittauer aus den Dörfern ringsherum. Dazu kommen dank der Blumenuhr direkt vor der Tür viele Urlauber. Wir haben auch zwei Ferienwohnungen im Haus, für Urlaub im Wahrzeichen von Zittau, wie wir sagen. Die werden sehr gut angenommen.

Für Bekanntheit hat ein Plakat gesorgt, dass sich während des Lockdowns am Haus befestigt hatten. Sie monierten da ausbleibende Hilfsgelder und ungerechtfertigte Diätenerhöhungen. Wie ist das weitergegangen?
Man hat gemerkt, dass man ohne Beziehungen wenig Chancen hat, bei einem Fehler zu seinem Recht zu kommen. Mir hat dann die Bekanntheit der Plakataktion genutzt, im Februar oder März wurden die Novemberhilfen endlich gezahlt. Auch, weil sich der hiesige IHK-Chef eingeschaltete hat. Da hatte jemand schlicht irgendein Häkchen an der falschen Stelle gesetzt, und man versteht von außen nicht, warum nichts geschieht.

Der vergangene Sommer hingegen hat bei vielen Gastronomen für hellere Mienen gesorgt. Wie lief es bei der KultUhr?
Da kann ich mich nicht beklagen, wir hatten immer ein volles Haus. Jetzt im September wird es naturgemäß ruhiger, aber alles im Rahmen.

Die Fleischerbastei mit der Kultuhr im stimmungsvollen Zittauer Winter.
Die Fleischerbastei mit der Kultuhr im stimmungsvollen Zittauer Winter. © Thomas Knorr

Wie ist der Ausblick auf die Weihnachtszeit? Werden Feiern wieder gebucht?
Die Bestellungen für Weihnachtsfeiern laufen sehr gut. Fast wie früher! Viele haben schon zweimal bestellt und dann zwangsläufig wieder abgesagt. Jetzt ist der Bedarf umso größer bei den Menschen, das merken wir.

Der Name KultUhr verweist auf die Blumenuhr und natürlich Kultur. Finden bei Ihnen Veranstaltungen statt?
Der Name stammt noch vom vorherigen Standort, aber er passt auch zur Fleischerbastei gut. Zuerst hatte ich das Lokal in der Neustadt in Zittau. Da hatten wir auch ein kleines Theater angebaut, davor hing eine markante große Uhr. So entstand der Name. Beim Umzug habe ich den behalten, da er einmal bekannt war. Und könnte wegen der Blumenuhr nicht besser passen.

Wie sieht es mit der Kultur am hiesigen Standort aus?
Wir machen ein bis drei Livekonzerte im Biergarten. Mehr aber nicht mehr, es sollte alles bezahlbar bleiben.

Schon 2017 haben Sie in einem Zeitungsartikel auf die existenzbedrohenden Personalsorgen in der Gastronomie hingewiesen. Ich nehme an, das ist nicht besser geworden?
Ich habe inzwischen ein super Team hinter mir stehen. Die auch langfristig hier arbeiten. Das passt momentan.

Die Blumenuhr, eines der wichtigsten Zittauer Wahrzeichen, befindet sich direkt neben dem Restaurant.
Die Blumenuhr, eines der wichtigsten Zittauer Wahrzeichen, befindet sich direkt neben dem Restaurant. © Matthias Weber

Welche weiteren Ideen gibt es räumlich oder kulinarisch für das KultUhr?
Wir können nur die Räumlichkeiten nutzen, die wir haben. Und für ein Team aus fünf Leuten sind ein Biergarten mit 70 Plätzen und das Lokal mit noch einmal 70 mehr als ausreichend. Vielleicht kommen noch zwei Ferienwohnungen dazu. Und kulinarisch soll es bei dem bleiben, was wir anbieten. Dabei wissen wir nicht, wo die Reise mit den Preisen hingeht.

Sie bieten wochentags Mittagsgerichte für sechs Euro an. Wollen und können Sie das halten?
Wir versuchen es. Es ist ein Angebot für alle, die ringsrum arbeiten. Und soll für sie bezahlbar bleiben. Beim Einkauf achten wir darauf, dass wir die Produkte, die nicht verbraucht werden, dann weiterverarbeiten können. Das ist die Kunst in der Küche.

Wie schauen Sie auf die Entwicklung von Zittau als touristisches Ziel?
Zittau an sich ist eine sehr schöne Stadt. Manche Gäste kommen nach drei oder vier Jahren wieder und sind erstaunt, was sich wieder getan und verändert hat. Das sind Dinge, die wir als Einheimische tagtäglich hier gar nicht so wahrnehmen. Also Zittau ist wirklich schön, der Besuch lohnt sich.

Urig und rustikal: der Gastraum mit der Bar.
Urig und rustikal: der Gastraum mit der Bar. © Kultuhr/PR

Haben Sie viele tschechische Gäste?
Ja, tatsächlich kommen viele aus Tschechien zu uns. Wir haben auch einen tschechischen Koch.

Er hat, so scheint es, auch auf der Karte seine Spuren hinterlassen. Etwa beim böhmischen Käse…
Zittau gehörte historisch ja zu Böhmen. Damit ähnelt sich die regionale Küche. Auf der anderen Seite hat das, was es in tschechischer Grenznähe für wenig Geld gibt, mit tschechischer Küche nicht viel zu tun. Es ist eher eingedeutscht. In der südlichen Oberlausitz und böhmischen Küche gibt es viele Übereinstimmungen. Was den „böhmischen Edamer“ angeht – da ist der Name eher eine Erfindung von uns -aber mit Remouladensoße und Pommes sehr lecker.

Sie geben auch ein eigenes Journal heraus. Wann kommt die nächste Auflage?
Sie sollte am 1. Oktober erscheinen. Ein Kumpel und Redakteur, Mario Heinke, hat sich darum unglaublich gut gekümmert. Vergangene Woche ist er gestorben und soll auch auf diesem Weg gewürdigt werden. Die neue Ausgabe war fast fertig, ich werde schauen, wie wir damit umgehen. Erst einmal hat uns das sehr getroffen.

Was wünschen Sie für die Zukunft der KultUhr und der Region?
Schwere Frage in solchen Zeiten … vernünftige Politiker. Und dass wir friedlich weiterarbeiten können. Und nicht nur wir.
 
 

Kultuhr in der Fleischerbastei


Karl-Liebknecht-Ring 9
02763 Zittau

Telefon: 03583 700479

E-Mail: [email protected]

Internet: www.fleischerbastei.de

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