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Augusto fragt nach … im Camillo Kino und Kneipe in Görlitz

Vereinschefin Franziska Böhm über endlich wieder Kino, gesellschaftliches Engagement und die Bierpreise im Haus.

Von Marcel Pochanke
Das Team vom Camillo-Verein an seinem Lieblingsort: dem Kinogewölbe. Vorn in der Mitte die Vereinsvorsitzende Franziska Böhm.
Das Team vom Camillo-Verein an seinem Lieblingsort: dem Kinogewölbe. Vorn in der Mitte die Vereinsvorsitzende Franziska Böhm. © Camillo

Das Camillo inmitten der Görlitzer Altstadt ist sowohl Programmkino als auch Kneipe. „Überraschend. Unterhaltsam. Unerschrocken.“ bezeichnet es selbst das Programm. Man steht für Arthouse und unabhängige Filmproduktionen. Ein Hingucker ist auch die Location selbst. In einem historischen Gewölbe entstand in Eigenregie ein Görlitzer Kulturort, in dem heute aber moderne Kinotechnik steckt. Getragen wird das Camillo von einem Verein, deren Vorsitzende Franziska Böhm sich inmitten der Vorbereitungen für den Neustart die Zeit zum Gespräch mit Augusto nahm.
 
Frau Böhm, es gibt hier das Camillokino und das Café Hotspot. Gehören die zusammen?
Es sind genau genommen zwei Vereine. Das Café Hotspot wird von einem eigenständigen Kollektiv betrieben, die aber unsere Freunde sind. Wir als Kino haben auch einen kleinen Kiosk, wenn das Café nicht geöffnet hat. Das Hotspot war vor Corona von Donnerstag bis Sonnabend geöffnet. Jetzt erst einmal wieder donnerstags und freitags und hoffentlich demnächst wieder von Donnerstag bis Sonnabend. Und wenn Events wie das Neiße Filmfestival stattfinden, ist ohnehin durchgehend Kneipenbetrieb.

Bei Ihnen geht es nach der Schließzeit gerade wieder mit dem Kino los.
Ganz frisch – ab heute! [Mittwoch, der 16. März, d. Red.] Wir haben damit lange gewartet, den Betrieb wieder hochzufahren. Es gab aufgrund der Inzidenzen viele Unsicherheiten. Jetzt haben wir uns unter 2G-Plus-Regeln auf diesen Tag geeinigt.

In „normalen“ Jahren ist der Programmkalender üppig gefüllt. Ist das für dieses Jahr schon absehbar, ob es wieder so wird?
Ja, auf jeden Fall. Wir hatten gerade ein Planungstreffen, und es sieht schon danach aus, dass wir nicht zur Ruhe kommen werden.

Das Kinoprogramm startet mit „You look so German!” Steckt dahinter eine besondere Idee?
Wir haben verschiedene Kooperationen in der Region, unter anderem mit der Volkshochschule. Dahinter steckt ein Projekt, in dem wir Regisseure einladen, Filmgespräche führen und so weiter. Als Begleitprogramm zu dem Film gibt es etwa auch einen Workshop in der Galerie zum Jüdischen Leben.

Haben Sie auf die aktuellen Entwicklungen in der Ukraine programmatisch reagiert?
Wir haben im Verein einige Menschen mit direkten Kontakten in die Region. Und schauen natürlich, was wir machen können. Wir sammeln Spenden, darauf verweisen wir auch auf unseren Seiten. So konnten wir bereits einige Mittel akquirieren, die gezielt an Organisationen für queere Menschen in der Ukraine gespendet wurden.

Damit sprechen Sie auch an, dass Ihr Haus sich klar politisch und gesellschaftlich positioniert und auch den Diskurs mitgestalten möchte. Kommt das in Görlitz gut an, oder entstehen da auch Probleme?
Das ist unterschiedlich. Unser queeres Filmfestival etwa wurde sehr positiv angenommen. Allerdings ist es in der Presse etwas schwieriger, die hat manchmal noch einen sehr konservativen Blick. Und in der Innenstadt, wo wir einen Treff für Flint-Personen unterhalten, kommt es schon mal zu echten Anfeindungen und dubiosen Flyern, die da auftauchen.

Was Sie, nehme ich an, eher bestärkt?
Ja, es zeigt, wie wichtig das ist, was wir machen.

Der Kinosaal bietet 35 Plätze - plus zwei Sofas.
Der Kinosaal bietet 35 Plätze - plus zwei Sofas. © Camillo

Hat die schwierige Corona-Zeit auch ihre Spuren beim Camillo hinterlassen?
Auf jeden Fall. Wir haben viel Publikum verloren, das uns erst einmal wiederfinden muss. Dazu ist uns der Stamm der externen Helfer*innen weggebrochen durch das permanente Auf-Zu. Was uns gerettet hat, war die wunderbare Open-Air-Saison. Als gemeinnütziger Verein bekommen wir ja kaum finanzielle Hilfen. Auf der anderen Seite laufen Kosten wie die Miete weiter.

Ich habe gesehen, dass bei Ihnen auch Kassetten-Abende stattfinden. Das klingt spannend. Gibt es die weiter?
Ja, das macht ein Kollege von mir. Er legt gern mit Kassetten auf. Zum Beispiel auch bei uns im Kino-Kassenhäuschen vor den Filmen. Das geht auf jeden Fall weiter.

Was kann ich als Besucher gastronomisch bei Ihnen erwarten?
Bei uns im Kassenhäuschen gibt es immer, wenn Filmprogramm ist, jede Menge Biersorten natürlich. Dazu Limos, Mate, Säfte, diverse Knabbereien. Als Besonderheit haben wir das Knalle Popcorn aus Berlin. Das ist lecker und nachhaltig. An den Tagen, wo das Hotspot öffnet, gibt es dann alles, was es in einer Kneipe gibt. Die Spezialität ist das böhmische Fassbier Svijany.

Ein wirklich gutes Bier.
Genau. Und etwas Besonderes, weil es rund um uns herum meist überall Landskron gibt. Und bei uns ist es preislich auch sehr human, anders als in den großen Kinos, wo die Getränkepreise die Haupteinnahmequelle sind.

Zeigen Sie die Filme weiterhin klassisch von der Rolle, wie das lange im Camillo Usus war?
Nur noch sehr selten. Man kriegt dafür kaum noch Filme. Aber die Technik ist da und kam zum Beispiel im Sommerkino beim „Kinomann“ zum Einsatz, bei dem es auch um einen 35-Millimeter-Vorführer geht.

Geben Sie uns einen Ausblick. Was ist für die Kommende Zeit an Höhepunkten geplant?
Da sind so viele Highlights, die man nennen könnte. Als neues Projekt werden wir ein digitales Angebot im Streamingbereich machen. In einem virtuellen Kinosaal sind dann nicht nur Filme streambar, sondern auch diskutabel, das heißt es gibt auch eine Plattform zum Austausch. Das verbinden wir auch mit der analogen Ebene. Das ist unsere Neuerung des Jahres.
Dann freuen wir uns auf das Neiße Filmfestival im Mai, die Schulkinowochen, die Landkino-Tour und die Kinderfilmtage, die es in den Herbstferien endlich wieder geben soll.
 

Camillo Kino und Café Hotspot

Handwerk 13
02826 Görlitz

Telefon: 03581 661920

E-Mail: [email protected]

Internet: camillo-goerlitz.de
Café Hotspot bei Facebook: www.facebook.com/HottiHotSpot
 
Anfahrt: Mit allen Straßenbahnen (1 & 2) zum Demianiplatz, dann zu Fuß durch die Altstadtgassen. Und bis kurz vor Mitternacht noch zurück fahren
Mit dem Auto: Schaut euch am besten in der Elisabethstraße um und schlendert die letzten Meter ins Handwerk 13. In der Gasse vor dem Camillo parken nur Anwohner*innen.

So sieht das Camillo in der Görlitzer Altstadt von draußen aus.
So sieht das Camillo in der Görlitzer Altstadt von draußen aus. © Camillo

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