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Augusto fragt nach … bei Dresden 1900

Geschäftsleiter Ricco Geithner über den Gästezuspruch im Sommer, darüber, was ausländische Gäste mit "sächsisch" verbinden - und wie die Gründerzeit zum Barock passt.

Von Marcel Pochanke
Gruppenbild mit Geschäftsleiter Ricco Geithner (2.v.r.). Ganz links Kultgastronom Karl-Heinz Bellmann, aus dessen Fundus die Inneneinrichtung zum großen Teil stammt.
Gruppenbild mit Geschäftsleiter Ricco Geithner (2.v.r.). Ganz links Kultgastronom Karl-Heinz Bellmann, aus dessen Fundus die Inneneinrichtung zum großen Teil stammt. © Dresden1900/PR

Im "Dresden 1900" kann man das Dresden zwischen Gründerzeit und Jugendstil gleich an der Frauenkirche genießen. Zudem kann man sich von Dresdnern und deren Verkehrsgeschichte(n) faszinieren lassen. Im Restaurant präsentiert sich der „Postplatz“ in Dresden und dessen Bebauung um die Jahrhundertwende. Neben Dresdens ältestem erhaltenen elektrischen Triebwagen – der HELENE – bietet die Museumsgastronomie thematisch gestaltete Räume für bis zu 250 Personen.

Zünftig speisen umgeben vom Dresden um 1900 - etwa dem elektrischen Triebwagen Helene (rechts).
Zünftig speisen umgeben vom Dresden um 1900 - etwa dem elektrischen Triebwagen Helene (rechts). © Dresden 1900/PR

Herr Geithner, was bringt einen dazu, im Barockviertel am Neumarkt ein Restaurant zu Gründerzeit und Jugendstil zu eröffnen?
Dresden wird immerfort als Barockstadt präsentiert. Man darf aber nicht vergessen, was noch passiert ist. Dresden war und ist auch Industrie- und Erfinderstadt. Es gibt uns seit 2008 hier, seit das ganze Quartier 3 fertiggestellt worden ist, und wir haben uns seitdem sehr gut im Dresdner Markt etabliert.

Haben Sie sich 1900 ausgesucht, weil es das so nicht gab oder gibt es eine besondere Beziehung zu der Epoche?
Zunächst ja, weil es das so nicht gab. Zum anderen lebt in unserem Haus der alte Fundus der legendären Linie 6 von Karl-Heinz Bellmann weiter. Er hat ja die Erlebnisgastronomie in der DDR mitbegründet, hat hier Ähnliches gemacht, was Witzigmann im Westen war. Als er sein Restaurant nicht weitergeführt hat, haben wir den kompletten Fundus übernommen. Etwa elf Straßenbahnen und unzählige Kubikmeter Inventar. Wir wollten hier aber nicht die Linie 6 kopieren, sondern neu arrangieren. So ist Dresden 1900 entstanden. Und auch Karl-Heinz Bellmann hat seine Wurzeln zur Gastronomie nicht ganz gekappt, er tritt bei uns weiter auf und hat in Dresden eine große Fangemeinde.

An wen richten Sie sich vor allem? Die Dresdner Fangemeinde oder eher Touristen?
Das ist breit gefächert. Wir bieten ja sächsische Küche – sowohl klassisch als auch modern interpretiert. Also altmod‘sch wie bei Oma und neumod‘sch. Klar kommen zu uns die Touristen, oder auch die Semperopernbesucher. Aber es gelingt uns auch gut, die Beziehung zu den Dresdnern zu halten. Schon, weil die Dresdner gern an ihren Neumarkt kommen. Und sie bei uns ein ordentliches Preis-Leistungs-Verhältnis erleben und gern wiederkommen.

Wie ging es Ihnen nach dem Lockdown? War sofort ein Boom zu spüren?
Das war unterschiedlich. Im letzten Jahr waren die Dresdner dann sofort wieder da. Und die Touristen, ab dem ersten Tag. Dieses Jahr war es verhaltener, auch wenn die Stammgäste sehr stark zu uns gehalten haben. Und die Touristen kamen langsamer zurück. Ein, zwei Monate später hat man gemerkt, dass Dresden als innerdeutsches Reiseziel wieder ganz oben steht. Jede Woche höre ich mehrmals von unseren Gästen, das Dresden die schönste Stadt in Deutschland ist. Es ist nicht so’n Disneyland vom Charakter her, sehr kompakt, sehr schön. Es gibt auch für mich keine andere Stadt. Das Meer ist das Einzige, das vielleicht fehlt …

Wie sächsisch geht es bei der Auswahl der Zutaten zu?
Wir nutzen zuerst einmal kein Convenience beim Kochen, bereiten also alles selbst zu, immer frisch. Klar muss dann der Gast auch mal etwas warten, manche wollen ja das Schnitzel zehn Minuten nach der Bestellung. Dafür hört man es bei uns auch abends noch in der Küche klopfen. Beim Fleischeinkauf haben wir im Großhändler Mega einen starken regionalen Partner. Und Obst und Gemüse kommt von einheimischen Produzenten. Das Radeberger Bier schließlich kommt von Helmke, auch vor Ort ansässig. Und die Gäste erwarten, dass wir auch regionale Marken bei den Weinen anbieten.

Viele Gastronomen berichten gerade nach der Corona-Pause von Schwierigkeiten bei der Personalsuche.
Ja, das ist auch für uns schwierig. Wir haben uns bemüht, viel für die Angestellten gemacht. Wir wissen ja, dass es sie und kleine Selbständige am meisten erwischt hat, haben Weihnachten und Ostern nicht vergessen. Trotzdem haben sich ein paar Leute neu orientiert. Die bei uns sind, sind das aber schon lange und sie sind bei den Gästen bekannt für ihr Auftreten und ihre sächsische Mundart.

Ist das Einstellungsvoraussetzung?
Das nicht, aber es passt natürlich. Und hat mit dem Herzblut zu tun, das hier einfließt.

Welche Zukunftspläne haben Sie für Dresden 1900?
Wie es ist, ist es erst einmal zufriedenstellend. Ich wünsche mir, dass Dresden in seiner Beliebtheit so bleibt. Wichtig wäre, dass wir den Anschluss wieder finden an das internationale Reisegruppengeschäft. Dafür wäre auch eine bessere verkehrstechnische Anbindung von Dresden wichtig. Mit der Bahn ist es vergleichsweise schlecht. Damit wir im Stadtranking dazugewinnen, müssen wir mit den Baumaßnahmen auf dem eingeschlagenen Weg bleiben. Wir haben Stadtentwürfe von 1920 bei uns hängen, da finden sich schon sehr moderne Bauwerke. Die achtsame Stadtentwicklung sollte man beibehalten, ohne Wildwuchs wie woanders.

Wenn Sie internationale Gruppen ansprechen – an welche Länder denken Sie besonders?
An alle. Dresden war natürlich stark im asiatischen und amerikanischen Markt. Das ist komplett weggebrochen. Auch Franzosen, Spanier, Italiener waren viele da – und haben jetzt eigene Probleme. Wir hoffen, dass noch ein Winter ins Land geht und dann die Normalität zurückkehrt.

Wie ist das eigentlich mit Asiaten oder Amerikanern: Können sie mit dem Sächsischen als Konzept was anfangen?
Ganz sicher! Es ist für Asiaten zum Beispiel nichts mehr beglückend als ein sächsisches Eisbein. Hausgemachte, deftige Küche ist bei ihnen und den Amerikanern sehr beliebt. Gute Soßen, guter Braten. Weil sie schätzen, dass wir uns Zeit nehmen für so ein Gericht. Das ist der Unterschied zum Burger, der in ein, zwei Minuten fertig ist. Deswegen kommen die Gäste her, da stehen sie drauf.

DRESDEN 1900 Museumsgastronomie


An der Frauenkirche 20
01067 Dresden

Telefon: 0351 4820 5858
E-Mail: [email protected]

Internet: www.dresden1900.de

Alles wird selbst gemacht, deftig, reichtlich, sächsisch - so schätzen es die Gäste.
Alles wird selbst gemacht, deftig, reichtlich, sächsisch - so schätzen es die Gäste. © Dresden 1900/PR

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