Augusto fragt nach ... in Müllers Gasthof in Großerkmannsdorf

Thomas Müller führt das Traditionshaus bereits in vierter Familiengeneration. So lange geschlossen wie zuletzt hatte die Gaststätte noch nie. Jetzt setzt er auf den Nachholbedarf der Leute.

Von Frank Oehl
Augusto fragt nach ... in Müllers Gasthof in Großerkmannsdorf
Seit 1997 führt Thomas Müller das Gasthaus mit Hotelbetrieb in vierter Familiengeneration. © Marion Döring

Das markante Gasthaus gehört bereits seit 1865 zum Ortsbild von Großerkmannsdorf. Die Konturen von der Straße her gesehen haben sich seit mehr als 150 Jahren kaum verändert. Auch nicht, seitdem 1891 Familie Max Müller die Gastwirtschaft übernahm. Natürlich gab es in der Folge Umbauten. Der Saal wurde erweitert, später die Küche und die Hausfleischerei. Selbst zu DDR-Zeiten blieb das Haus immer im Familienbesitz, und seit 1997 hat Küchenmeister Thomas Müller (56) den Staffelstab übernommen. Die Gaststätte wurde erweitert, der Tanzsaal zum Hotel ausgebaut. Eine Gartenterrasse und ein kleiner Spielplatz kamen hinzu. Und 2014 wurde schließlich zum zweiten Mal die Fassade erneuert. Das heißt denkmalgerecht an die historische Vorlage um 1900 angepasst. Das signalisiert: Müllers Gasthof im Radeberger Ortsteil Großerkmannsdorf hat eine Vergangenheit, deren Kontinuität in die Zukunft weist. Zuletzt war sie wegen des Pandemie-Regimes in Gefahr, aber Thomas Müller bekräftigt gegenüber Augusto: Es geht weiter. Die Menschen wollen Geselligkeit.  

Herr Müller, wie haben Sie den Lockdown im März 2020 erlebt?
Es war irre. Mein Großvater war immer voller Stolz, dass das Haus mit dem Kaiserreich, der Weimarer Republik, dem Nationalsozialismus und der Diktatur des Proletariats vier Gesellschaftsordnungen so gut wie ohne Schließzeit überstanden hatte. Selbst am Ende des 2. Weltkrieges gab es nur eine kurze Schließzeit, und auch die Umbauzeiten im Laufe der Jahrzehnte blieben überschaubar. Plötzlich wussten wir wie viele Dienstleister nicht, was da auf uns zukommen wird.

Es ging doch dann relativ zügig weiter …
Nun, nach neun Wochen, um genau zu sein. Der Sommer war auch in Ordnung. Allerdings folgte dann ja der nächste Schlag ins Kontor.

Konnten Sie keine November und Dezemberhilfen beantragen?
Doch, und die sind dann ja auch relativ gut geflossen. Auch mit dem Kurzarbeitergeld konnten wir wirtschaften. Das alles hat mich als Gastronom in keiner Weise zufriedengestellt. Ich hätte mir einen kontrollierten Weiterbetrieb auch unserer Gaststätte gewünscht. So sind zwar Milliarden an Steuergeld geflossen, aber bestimmt nicht immer da angekommen, wo sie am nötigsten gewesen wären.

Der zweite Lockdown ging länger als ein halbes Jahr. Wie haben Sie den überstehen können?
Die Corona-Hilfen ab Januar habe ich bisher noch nicht beantragt. Fixkostenzuschüsse ins Blaue hin zu schätzen und laufend umzuplanen - das macht vielleicht Steuerberatungsbüros reich. Wegen der ständigen Änderungsanträge. Ich werde daher diese Hilfe erst beantragen, wenn ein Ende der „irren Zeit“ absehbar ist. Ich bin allerdings auch in einer relativ glücklichen Lage. Mein Unternehmen ist schuldenfrei, und meine Frau, die nicht mit im Geschäft arbeitet, steuert einen erheblichen Teil zum familiären Einkommen bei. Wir hatten auch Rücklagen für notwendige Investitionen, diese konnte ich temporär einsetzen. Die geplanten neuen Bäder im Hotelbereich müssen jetzt leider warten.

Hat Ihr Team zur Stange gehalten?
Ja, und da bin ich auch sehr dankbar. Meine fünf Mitarbeiter sind geblieben. Ich habe aber von Beginn an auch das Kurzarbeitergeld aufgestockt. Das hat sicher motiviert, dabei zu bleiben. Und mir war wichtig, auch in der Zeit des letzten Sommers, als es relativ gut lief, das Instrument Kurzarbeit so flexibel wie möglich einzusetzen.  
 
Seit Mai haben Sie ja nun wieder geöffnet …
Wir müssen genau sein: Ganz geschlossen hatten wir nie. Im Gegensatz übrigens zu anderen größeren Häusern in Radeberg. Der Hotelbetrieb lief eingeschränkt weiter, nur halt nicht für touristische Buchungen. Freitag nach Pfingsten öffneten wir unsere Außengastronomie mit 25 bis 30 Plätzen. Danach schrittweise auch den Innenbereich mit maximal 80 Plätzen. Derzeit ist dort aber eine Nutzung in diesem Umfang noch immer nicht möglich. Seit ein paar Tagen haben wir auch wieder Urlauber, die bei uns übernachten wollen.

Wie ist das Geschäft angelaufen?
Das wird noch dauern. An manchen Tagen ist tote Hose, an anderen läuft es schon wieder ganz gut. Ich glaube an den Nachholbedarf der Leute, denen die Kommunikation von Angesicht zu Angesicht so lange verwehrt wurde. Die Menschen wollen wieder gesellig sein, und das können sie immer noch am besten im direkten Austausch. Und besondere Freude macht es natürlich bei einem guten Essen und Trinken.

Wie würden Sie Ihre Küche charakterisieren?
Eher gut bürgerlich. Aber durchaus leicht mediterran angehaucht. Das ist auch bei unseren Büffet-Angeboten immer gut angekommen. Wir würden uns natürlich wünschen, dass die Familienfeiern in unseren zwei größeren separaten Räumen bald wieder anziehen können. Erste Buchungen gibt es. Dann stellen wir gern eine kleine, aber feine Speisekarte zusammen, die vielen Ansprüchen gerecht wird, oder servieren ein leckeres Büfett nach den Wünschen der Gastgeber.

Müllers Gasthof ist auch bekannt für ein ganz spezielles kulturelles Angebot. Ist da schon wieder was in Aussicht?
Wir haben unser Projekt „Kunst trifft Land“ vor acht, neun Jahren gestartet. Dabei sind Künstler verschiedener Genres im kleinen Rahmen vor Publikum aufgetreten. Das fand im Abstand von sechs bis acht Wochen vorrangig in den kälteren Monaten statt. Der direkte Publikumskontakt sorgte auf beiden Seiten für eine besondere Atmosphäre. Derzeit steht in Kooperation mit dem Radeberger Humboldtgymnasium die Veranstaltung „Jazz-Lyrik-Prosa“ an. Gymnasiasten lesen Lieblingstexte oder eigene – von guten Musikern begleitet. Der Eintritt ist frei, aber eine Spende für den Humboldtiana Förderverein e.V. wird erbeten. Leider mussten wir diese Veranstaltung coronabedingt schon mehrfach verschieben. Nun planen wir frühestens für den Herbst. Denn im Sommer wollen die Leute erst mal raus. 

Hotel und Gasthof Müller
Alte Hauptstraße 21
01454 Radeberg /OT Großerkmannsdorf
Tel. 03528/442587
[email protected]

Alle Interviews mit Gastronomen im und nach dem Lockdown finden Sie hier.

Weitere Restaurants finden Sie im Augusto Restaurantfinder.

Seit 2014 erstrahlt die sanierte Fassade des Gasthauses in der historischen Anmutung von 1990.
Seit 2014 erstrahlt die sanierte Fassade des Gasthauses in der historischen Anmutung von 1990. © PR/Müllers Gasthof
In den Innenräumen der Gaststätte kann man sehr gut auch Familienfeiern ausrichten.
In den Innenräumen der Gaststätte kann man sehr gut auch Familienfeiern ausrichten. © PR/Gasthof
Derzeit sind natürlich die 25 bis 30 Außenplätze von Müllers Gasthof besonders gefragt.
Derzeit sind natürlich die 25 bis 30 Außenplätze von Müllers Gasthof besonders gefragt. © PR/Gasthof