Augusto fragt nach ... im Domkeller Meißen

Seit 25 Jahren betreibt Karsten Müller mit seiner Frau Anett das 550 Jahre alte Gasthaus am Dom zu Meißen. Er hofft, dass die Corona-Krise vorbei ist und die Kundschaft das Engagement der Gastronomen bald wieder wertschätzt.

Von Frank Oehl
Karsten Müller (57) betreibt mit seiner Frau Anett seit 25 Jahren den Meißener Domkeller.
Karsten Müller (57) betreibt mit seiner Frau Anett seit 25 Jahren den Meißener Domkeller. © Claudia Hübschmann

Der Domkeller ist die älteste noch bewirtschaftete Gaststätte in Meißen. Die erste urkundliche Erwähnung als „Domschenke“ stammt von 1470. Zur geneigten Kundschaft gehörten einst die ersten Porzellanmacher um Johann Böttger, die Romantiker um Ludwig Richter oder das Kollegium der Fürstenschule St. Afra. Im vergangenen Jahr wurde das Jubiläum „550 Jahre Domkeller“ zünftig gefeiert. Immerhin auch schon unter Pandemiebedingungen. Gastwirt Karsten Müller und seine Frau Anett sind seit dem 1. Januar 1996 zugange und mit 25 Jahren nun jene Betreiber, die über die Jahrhunderte im historischen Pachtobjekt tatsächlich am längsten zur Stange gehalten haben. Das Engagement ihres Teams soll weiter fruchten - endlich wieder in geöffneten Gasträumen. Müllers betreiben in Meißen außerdem den Ratskeller und ein Café.

Herr Müller, während des ersten Lockdowns sagten Sie mal, dass die Gastronomen die ersten waren, die dicht machen mussten und dafür wohl die letzten sein werden, die wieder öffnen dürfen. Hat sich diese Befürchtung bewahrheitet?
Im Grunde ja. Natürlich konnten wir Mitte Mai 2020 zunächst unter Corona-Auflagen wieder bedienen. Und der Sommer war dann auch ganz wichtig für uns, weil er uns etwas Luft verschaffte. Aber ab Anfang November war dann wieder Schicht im Schacht. Für mehr als ein halbes Jahr. Die ganze Branche hat in der Pandemie ein Sonderopfer erbracht.

Sonderopfer?
Wir mussten uns damit abfinden, nicht wie die Lebensmittel-Discounter systemrelevant zu sein. Okay. Wir mussten aber gleichzeitig akzeptieren, dass unser wirtschaftlicher Fortbestand an einer einzigen Zahl festgemacht wurde. Der Sieben-Tage-Inzidenz. Obwohl eigentlich schon zu Weihnachten klar war, dass der kontrollierte Gaststättenbetrieb unter Pandemiebedingungen gar kein Corona-Treiber ist. Die Situation war paradox für uns. Und unverständlich.

Dafür konnten Sie doch staatliche Hilfen in Anspruch nehmen, oder nicht?
Natürlich, und dafür sind wir ja auch dankbar. Die Hilfen kamen an, wenn auch etwas verspätet, was uns die Weiterexistenz absicherte. Wie ja auch das Kurzarbeit-Instrument für unsere 40-köpfige Belegschaft, zu der immerhin auch vier Azubis gehören. Es war die Länge der Schließzeit, die uns Gastronomen einfach nur mürbe machte. Weil wir doch wissen, wie schwierig es ist, einmal verlorene Gäste wieder neu zu gewinnen.

Mit einem stabilen Team könnte es etwas leichter sein. Haben Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Stange gehalten?
Im Prinzip ja, wir haben über die gesamte Coronazeit betrachtet einige wenige verloren, die in andere Branchen gewechselt sind. Wir konnten die Lücken aber schnell schließen, worüber wir gerade beim gegenwärtigen Fachkräftemangel heilfroh sind. Wir können auf ein motiviertes Team zurückgreifen. Unsere Weiterbildungsangebote währen der Schließzeit wurden gut angenommen. Für ein gutes Arbeitsklima bei uns spricht auch die Zertifizierung als „attraktiver Arbeitgeber“ durch das Institut „great place to work“. Bestandteile sind ein anonymes Feedback der Mitarbeiter und eine Analyse unserer Personalarbeit im Ganzen. Wir freuen uns, dass unsere Mitarbeiter uns so gut bewertet haben. Das gibt uns die nötige Kraft für den Neustart.

Sind Sie schon wieder im Normalgeschäft-Modus?
Nein, das dauert noch. Seit Mai haben wir die Domkeller-Außengastronomie wieder geöffnet. Inzwischen bedienen wir auch innen, wobei hier seit dem 14. Juni und dann hoffentlich fortlaufend immer weitere Erleichterungen greifen. Zum Beispiel der Wegfall der Testpflicht, die ja nach wie vor für viele Gäste eine hohe Hürde darstellt. Die Situation muss sich weiter verbessern.

Das dürfte in einem Touristen-Hotspot wie Meißen sogar eher möglich sein, als woanders …
Darauf hoffen wir. Wobei zunächst ja nur Individualtourismus möglich ist. Nach wie vor halten keine Reisebusse an der Albrechtsburg, und die Übernachtungszahlen sind auch an der Elbe immer noch gering. Wir hoffen, dass ähnlich wie im vergangenen auch in diesem Sommer der Urlaub in Deutschland für viele eine gängige Alternative sein wird. Davon könnte dann natürlich auch Meißen profitieren.

Was erwartet den potenziellen Domkeller-Gast?
Unser Credo lautet: Wir wollen ihm kein Schnitzel verkaufen, sondern das Brutzeln in der Pfanne. Also sächsische Gemütlichkeit. Auch etwas mittelalterliches Flair bei einer handwerklich gut gemachten Küche – das ist unsere Stärke. Dabei steht der Genuss regionaler Produkte im Mittelpunkt. Sozusagen vom Meißner Wein bis zum Meißner Landschwein, einer speziellen Züchtung unter besonders tiergerechten Bedingungen.

Haben Sie Ihre Öffnungszeiten schon auf den erhofften Gästeansturm eingestellt?
Wir machen derzeit täglich von 12 bis 21 Uhr auf. Wobei wir die Lage neu beurteilen, sobald es nötig wird. Zum Beispiel an den Wochenenden, wo die Nachfrage nach unseren 100 Plätzen im Innen- und 90 im Außenbereich schon wieder angezogen hat. Bei gutem Wetter bietet unsere Terrasse ja schließlich den schönsten Ausblick auf die Stadt. Einiges versprechen wir uns auch vom Neustart bei Familienfeierlichkeiten seit dem 14. Juni. Unsere Gastronomie auf drei Etagen ist dafür bestens geeignet.

Ist die Gastrobranche schon übern Berg?
Das kommt darauf an, wann und wie die nächsten Normalisierungsschritte folgen. Noch einen Lockdown darf es jedenfalls nicht geben. Wir Gastronomen müssen uns die Wertschätzung bei unseren Gästen erst wieder erarbeiten. Dabei geht es schließlich um ein ganzes Berufsbild, das wieder attraktiv erscheinen muss. Wer anderen gern eine Freude bereitet, für den ist die Gastrobranche mit die schönste der Welt, meine ich. Wie also können wir junge Menschen neu dafür begeistern, als Koch oder Bedienung im Gastroservice zu arbeiten? Das ist eine schwierige Frage, zu deren Beantwortung gewiss auch politische Entscheidungen nötig werden. Wir vom Domkeller wollen unseren Beitrag jedenfalls leisten.                        

Domkeller Meißen
Domplatz 9
01662 Meißen
Telefon 03521/457676
[email protected]

Alle Interviews mit Gastronomen im Lockdown finden Sie hier.

Weitere Restaurants finden Sie in unserem Augusto Restaurantfinder.

Der Domkeller in Meißen ist das älteste noch bewirtschaftete Gasthaus der Stadt.
Der Domkeller in Meißen ist das älteste noch bewirtschaftete Gasthaus der Stadt. © PR/Domkeller
Von der Terrasse des Domkellers hat man einen herrlichen Blick auf die Stadt.
Von der Terrasse des Domkellers hat man einen herrlichen Blick auf die Stadt. © PR/Domkeller
Auf drei Etagen gibt es im Domkeller genügend Platz auch für Familienfeierlichkeiten.
Auf drei Etagen gibt es im Domkeller genügend Platz auch für Familienfeierlichkeiten. © PR/Domkeller