Augusto fragt nach … beim Panoramarestaurant Bastei

Geschäftsführer Kai Reiße gibt Auskunft über familiäre Arbeitsatmosphäre, DDR-Klassiker und eine neue Aussichtsplattform.

Von Marcel Pochanke
Kai Reiße vor dem Bastei-Panorama.
Kai Reiße vor dem Bastei-Panorama. © PR/Panoramarestaurant Bastei

Auf der Bastei in der Sächsischen Schweiz grüßen nicht nur die spektakulären Felsformationen, sondern auch das markante Gebäudeensemble aus Restaurant und Hotel. So schön es auch gelegen ist - für die Betreiber brachte die Corona-Zeit besondere Herausforderungen mit sich. Wie sie diese gemeistert haben, erzählt Geschäftsführer Kai Reiße im Augusto-Gespräch.

Herr Reiße, die Corona-Zeit hat alle Gastronomen schwer erwischt. Wie war die Lage für das Berghotel Bastei?
Uns ging’s natürlich schlecht. Wir sind Gastgeber und leben dafür. Aber wir haben gelernt, noch enger zusammenzurücken. So haben wir keinen einzigen Mitarbeiter verloren – von 120. Wir haben ein familiäres Verhältnis zum Personal. Auch wir suchen weiter Verstärkung, aber es musste deswegen keinen Schließtag geben. Wir haben zum Beispiel auch während der Schließung die Lehrlinge reingeholt, damit sie die Chance hatten, trotzdem was zu lernen und sie im Flow bleiben. Die Küche hat weiter gekocht, schließlich waren sechs bis acht Leute immer im Haus, schon für die Sicherheit. Und das hat man bei den Lehrlingen im Abschluss gesehen – die Jahrgangsbeste kommt aus unserem Haus.

Ein familiäres Verhältnis bei 120 Mitarbeitern? Das gelingt weitaus kleineren Betrieben nicht …
Ich kenne jeden Angestellten mit Namen, da ist es auch egal, ob er aus Tschechien kommt oder Polen oder Argentinien. Ich erkläre ihnen, dass es im Haus auch ohne mich geht. Aber ohne die Mitarbeiter geht nichts.

Sie waren, bevor sie das Haus auf der Bastei übernommen haben, viel im Ausland unterwegs. Haben Sie die Einstellung dort gelernt?
Ja, dort lernte ich ein gutes Verhältnis zu den Mitarbeitern kennen und schätzen. Es kommt halt drauf an, mit welchen Leuten man zusammenarbeitet. Manchmal hat man das Glück, da arbeitet man irgendwann mit Freunden. Wenn man weit weg ist wie ich damals, dann möchte man, sage ich mal, Weihnachten, Silvester oder Ostern lieber auf Arbeit verbringen, so gut war das Verhältnis. Es war eine schöne Zeit. Und ich habe versucht, dieses Lebensgefühl später im Team so aufzubauen. Es geht nicht darum, keine Fehler zu machen. Wenn man von 100 Sachen 85 oder 90 richtig macht, dann ist das prima, und aus dem Übrigen lernt man. Dieses Gefühl vermittle ich.

Wie kam es dann, dass Sie diese Arbeit mit Freunden, wie Sie sagen, aufgegeben haben, um in die Heimat zurückzukehren? Sie selbst stammen ja aus Freital …
Nach 16 Jahren entstand der Wunsch, den Ort zu wechseln. Ich war zwölf Jahre in der Schweiz in St. Moritz. Dort ist es sehr kalt, auch im Sommer. Auch wenn die Gastronomie gehoben und außergewöhnlich war, war es irgendwann gut. In den zwölf Jahren dort konnte ich einen einzigen Abend mit meiner Frau am Abend draußen sitzen, dafür brauchte es eine seltene und lange Hochdrucklage. Außerdem mussten die Kinder in die Schule. Wir haben gesehen, dass die Kinder der Freunde und Kollegen später vielfach das Tal verlassen haben. Und für eine Veränderung hat die Gelegenheit, auf der Bastei zu arbeiten, gut gepasst. Und meine Frau, die Italienerin ist, war auch sehr angetan. Dresden hat ja ein starkes italienisches Flair.

Haben Sie in den Wochen nach dem Neustart im Juni auch einen Boom erlebt?
Die ersten Wochen waren noch verhalten. Wir sind ein touristisches Ausflugsziel, und wer etwa in Dresden wieder ausgehen konnte, ist nicht zuerst in die Sächsische Schweiz gefahren, sondern zu seinem Lieblings-Italiener gegangen. Das wussten wir, und es kam uns entgegen, dass es nicht von null auf 120 Prozent ging. So konnten sich Mensch und Maschine wieder einölen – und wir sind jetzt, am Ende des Sommers nicht ganz so verschlissen.

Wie stellt sich die Buchungslage für Herbst und Winter dar?
Sehr gut, aber noch zögerlich im Vergleich zu normalen Zeiten. Wir sind aktuell fünf bis zehn Prozent hinter dem bekannten Niveau, das liegt an der Unsicherheit der Menschen. Zugleich ist es unsere Aufgabe, ihnen Sicherheit zu geben: Hier bei uns kannst du abschalten.

Das Hotel wurde 1991 eröffnet, aber in der DDR-Zeit geplant und der Bau begonnen. Nutzen Sie den DDR-Charme gezielt?
Selbstverständlich. Wir sind historisches Kulturgut und -Erbe. Die Gebäude sind eine einmalige Meisterleistung. Sehen Sie allein die Holzdecke im Restaurant und die Deckenhöhe – so etwas wäre heute unbezahlbar. Ein bisschen Ostalgie gepaart mit neuen Geschichten, neuen Ideen. Es wäre aber auch Augenwischerei, das nicht zu zeigen.

Die DDR findet im Oktober auch auf der Speisekarte statt.
Genau. Mit unserem kulinarischen Kalender gibt es jeden Monat eine tolle Möglichkeit. Das hält bei uns die Gäste aus der Region auf dem Schirm und uns attraktiv. Nehmen Sie die Weihnachtsgans in November. Bei uns gibt es da noch den klassischen Service. Am Tisch tranchieren, das ist die Kür. Jetzt mehr denn je, jeder lechzt nach schöner Zeit. Und da sind die DDR-Klassiker, um die es im Oktober geht, ein Puzzleteil. Ich esse sie selbst gern. Soljanka, Steak au Four. Und viele Gäste, die kommen, kennen es gar nicht. Das sollten sie aber. Wie Pfirsich Melba!

Hand auf’s Herz: Kommen die Gäste eher wegen der tollen Lage auf der Bastei oder wegen der kulinarischen Besonderheiten?
Beides. Wir verbinden das. Für viele sind wir ein Etappenziel auf der Wanderung, wo man Rast macht. Und weitergeht. Oder für viele andere sind wir das eigentliche Ziel, wo man am Ende einkehrt, und dann vielleicht mit dem Auto oder öffentlichen Verkehr wegfährt. Der Ausflug lohnt sich ja allein wegen des Ausblicks. Und dann liegt es nah, sich bei uns zu stärken, auch in einem unserer Imbisse.

Worauf legen Sie bei der Küche besonderen Wert?
Wir achten sehr auf regionale und saisonale Produkte. Frische ist wichtig. Und auch wenn wir groß sind mit 700 Plätzen, die wir à la Carte bedienen können, möchte ich nicht, dass wir einfach einen Beutel aufmachen. Wir bilden Köche aus und keine Warmschieber. Und der Gast versteht, dass es im Oktober keine Erdbeeren gibt und dafür dann eher ein saisonales Gemüse. Unter uns: Der Deutsche braucht manchmal noch etwas Schule im Genießen. Ich sitze mit meiner Frau auch mal vier Stunden beim Essen. Hier kommt es vor, dass man kaum die Jacke aus hat und schon den Kellner ruft. Dabei muss hier keiner schnell zum Bus.

Haben Sie die Corona-Pause für Baumaßnahmen genutzt?
Ja, das haben wir. Wir haben die Lüftung mit den vorgegebenen Filtern ausgestattet und eine Kühlung eingebaut. Auch das Hotel ist jetzt insgesamt klimatisiert. Ohne Gäste konnte es beim Bauen auch mal laut werden. Außerdem ist das W-Lan neu und besser. Und wir haben interne Abläufe digitalisiert. Da spielt der Familiengedanke rein: Wie können wir das Personal entlasten. Das Telefon klingelt permanent, im Jahr besuchen 1,2 Millionen Menschen die Bastei. Wenn da ein Teil der Abläufe digital passiert, hilft das. Und: Wir haben ganz aktuell eine neue Internetseite [Link: https://berghotel-bastei.de/] gebaut. Da geht es noch mehr darum, Gefühle zu transportieren, was einen hier erwartet.

Schauen wir zum Schluss in die Zukunft: Welche Pläne gibt es noch für Berghotel und Restaurant?
Wir blicken vor allem der Fertigstellung der Aussichtsplattform entgegen. Die soll Ende 2022 fertig werden. Das ist ein großes Ding für uns, wir freuen uns sehr darauf. Seit 2016 ist sie ja geschlossen. Damit gehen sechs Jahre ins Land, wo die Gäste das volle Panorama nicht genießen können. Wir wollen hier oben die Geschichte, die 1812 mit dem ersten Imbissangebot durch einen Fleischermeister begann, weiterführen. Solide bleiben als Gastgeber in den nächsten Jahren und kleine Schritte gehen. Und vor allem die Menschen aus der Region und Dresden mehr für uns begeistern. In vielen Gesprächen hören wir: „Auf der Bastei waren wir ewig nicht.“ Das ist das Hauptziel, dass die Leute hier hochfinden, die uns vielleicht vergessen haben. Wir liegen ja vor den Toren der Stadt, man braucht nur 25 bis 30 Minuten. Touristen finden den Weg ohnehin. Aber wir wollen die Menschen raus aus der Stadt Dresden noch mehr zu uns locken.

Berghotel Bastei
01847 Lohmen/Bastei
Telefon: 035024 779-0
E-Mail: [email protected]
Internet: Berghotel-Bastei.de

Alle Interviews mit Gastronomen im und nach dem Lockdown finden Sie hier.

Weitere Restaurants finden Sie im Augusto Restaurantfinder.

Blick aus dem Fenster auf ein großartiges Panorama - und das beim Essen.
Blick aus dem Fenster auf ein großartiges Panorama - und das beim Essen. © PR/Panoramarestaurant Bastei