Augusto fragt nach … bei Schumanns Hotel, Restaurant und Spa-Tempel in Kirschau
Frederik Nebrich erklärt, wie man ein Luxusrestaurant nach der Corona-Pause wieder auf Fahrt bringt – und wie man gestandene Oberlausitzer für Edelgastronomie begeistert.
In ganz Sachsen gibt es nur ein Sternerestaurant im ländlichen Raum: Das Gourmetrestaurant Juwel in Kirschau. Und schon hat Frederik Nebrich, Sohn des Hauses und Teil der Geschäftsleitung, den zweiten Stern im Visier. Zum Verwöhnangebot gehören dort, wo in der DDR-Zeit ein Betriebsferienheim war, auch ein Vier-Sterne-Hotel und vielfältige Wellness-Behandlungen. Wie das das Personal die vergangenen Monate gemeistert hat, und wo der Weg hinführen soll, erzählt Frederik Nebrich im Augusto-Gespräch.
Herr Nebrich, für ein Vier-Sterne-Hotel und Sternerestaurant – wirkt sich da die Corona-Zeit anders aus als vielleicht auf landläufige Restaurants?
Auch für uns hieß es erst einmal: „Überleben.“ Die Geldfrage ist das eine. Rechnungen sind zu bezahlen, Strom, Heizung und Personal, für die das Kurzarbeitergeld nicht alle Kosten deckt. Die Novemberhilfen wurden Ende Januar ausgezahlt, bis dahin mussten wir es so schaffen. Das hat viel Kraft gekostet. Erst ab März kamen die Hilfen zügig und zuverlässig.
Das andere ist das Personal. Wir haben fast 80 Mitarbeiter, manche seit dem ersten Aufschließen vor 23 Jahren. Da ging es auch darum, wie man sich selber motiviert, um abzufärben: Wir geben nicht auf. Und dass dann auch verlangen zu können. Dabei hatte auch in unserer Familie jeder mal ein Down.
Dazu kam die Frage: Welchem Mitarbeiter hilfst du auch finanziell? Wenn ich etwa alleinerziehende Mütter sehe. Auch wenn wir keine Einnahmen hatten – wir haben gesagt: Sprecht Probleme an, wir finden einen Weg. So ging das fast neun Monate lang
Konnten Sie so Ihre Mitarbeiter halten?
Fast alle. Natürlich gibt es ein paar, die wären vielleicht ohnehin bald ausgeschieden, weil sie gemerkt haben, das ist nichts für mich. Vier oder fünf haben von sich aus gekündigt. Jeder, der wollte, ist geblieben. Sie können sich auf uns verlassen, und das wissen sie auch.
Verlief der Neustart dann entsprechend euphorisch?
Wir wussten recht zeitig, dass es auf den Juni hinauslaufen wird. Und haben extrem viel gemacht, was man erst im Rückblick so bemerkt. Im Winter war das Haus dunkel und kalt. Wir haben es langsam zum Leben erweckt. Im Mai haben wir den Seeflügel, den modernen Anbau, teilweise wieder für Geschäftsreisende geöffnet. Unternehmerisch war das nix, aber es ging darum, die Mitarbeiter wieder heranzuführen.
Als es dann richtig wieder losging, glicht das Haus einem riesigen Ameisenhaufen. Das Housekeeping richtete täglich die Zimmer her, die Technik hatte sowieso durchgearbeitet. So viel Zeit, Dinge in Ordnung zu bringen, hat man nie wieder. Der Empfang, das Restaurant … es hat allen unheimlich gutgetan.
Eine Woche vorher hatten wir ja schon ein Soft-Opening, das haben Mitarbeiter im Losverfahren gewonnen. Sie konnten sich mit Begleitung verwöhnen lassen, und wir haben uns wieder eingespielt.
Wie war die Resonanz zum Auftakt?
Von der Gästeseite her die ersten zwei Wochen verhalten. Es gab eine Unsicherheit: Darf ich wirklich wieder ausgehen? Bleibt das so? Ab Juli haben sie uns dann auseinandergenommen. Noch nie lief es so gut im Sommer, was ja eigentlich unser Sorgenkind ist.
Hatte sich die Klientel nach der Unterbrechung verändert?
Nicht verändert, aber es sind neue hinzugekommen. Manche Gäste hatten acht oder neunmal umgebucht. „Die halten durch, also halten wir auch durch“, haben wir uns da gesagt. Also sie sind uns erhalten geblieben. Und durch das Reiseverbot kamen sehr viele neue Gäste: „Wenn ich nicht 4.000 Euro in der Türkei oder den Malediven ausgeben kann, dann mache ich das in Kirschau.“ Die Menschen, die Qualität suchen und auch bezahlen wollen, die Leute braucht man ja.
Wie hat sich Corona auf die Kochkurse ausgewirkt, die Sie auch anbieten?
Im Frühjahr wäre es um den Spargel gegangen, den haben wir abgesagt. Im Oktober steht Kochen mit Wild auf dem Plan, das ist schon sehr gut gebucht. Da muss man ja richtig mitmachen, nicht nur Champagner trinken und gute Laune verbreiten. Und am Abend genießt man als Ergebnis ein komplettes Menü.
Gibt es für ein Sternerestaurant eine andere Bindung zu den Gästen?
Ja, das liegt schon an der Dauer des Abends. Wir haben einen charmanten Service, der es versteht, den Gast bei seinem Aufenthalt in den Arm zu nehmen. Nebenbei: Die Zeiten des Flüsterns im Gourmetrestaurant sind vorbei. die Leute wollen auch mal frechen Service, auch da sind unsere zwei Herren sehr begnadet.
Natürlich war es für ein Haus wie das Juwel in der Oberlausitz am Anfang schwierig. Das Umdenken hat einige Jahre gedauert. Die Leute auch aus der Region finden es super. Gerade die stämmigeren, gesetzten Herren, die sich fragen, warum sie für unsere Küche mehr bezahlen sollen und nicht 9,50 Euro für ein Schnitzel und sich sorgen, dass sie bei uns nicht satt werden. „Kommen Sie!“, sage ich ihnen. „Wenn Sie nicht satt werden, zahle ich den Abend.“ Bis jetzt musste ich das noch kein einziges Mal. Es wissen viele nicht, dass es so ein sprichwörtliches „Juwel“ in der Oberlausitz gibt.
Schauen wir in die Zukunft: Welche Pläne gibt es für das Restaurant und das Hotel?
Wir denken immer an Weiterentwicklung. Gerade mit mir und meiner Schwester sind jetzt zwei frische Geister in der Leitung dabei. Robert Hauptvogel ist seit einem reichlichen Jahr Küchenchef, kennt das Haus wie kein anderer. Zusammen mit unserer Pattisière Beatrice Tobias entwickelt er eine neue Kreativität. Wir wollen die zwei Sterne – ohne Kompromisse! Das wird vielliecht noch nicht 2022 klappen, aber es ist der langfristige Traum.
Schumann – Hotel, Restaurants und Spa-Tempel
Mit dem Gourmetrestaurant Juwel
Bautzener Straße 74
02681 Schirgiswalde-Kirschau, OT Kirschau
Telefon: 03592 5200
E-Mail: [email protected]
Internet: www.bei-schumann.de
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