Im Rampenlicht
Die Augusto-Kolumne - diesmal zu Nenas überraschender Tour-Absage 2022.
Liebe Nena,
99 heiße Luftballons voller Vorwürfe schweben gerade frontal auf Sie zu. Denn Sie haben mal eben Ihre Tour für nächstes Jahr abgesagt – und zwar ersatzlos. Damit verweigern Sie als Erste im größeren Rahmen das, was die Veranstaltungsbranche insgeheim schon lange am liebsten ebenso tun würde, nach dem Motto: Wir wollen endlich wieder Konzerte – auch im Innenbereich – veranstalten, die ihres Namens würdig sind.
Nun kann man endlos darüber debattieren, wie gerechtfertigt und sinnvoll Corona-Maßnahmen im Großen wie im Kleinen sind. Aber Fakt ist nun mal: die meisten Künstler sind es leid, kein unbeschwertes Publikum vor sich zu haben. Eine echte Lösung ist nicht in Sicht. Das ist bitter und stellt den Sinn der Branche nach wie vor infrage.
Aber muss man deshalb die Karriere gleich an den Nagel hängen, liebe Nena? Ich meine: Jein. Nein, weil Sie mit Ihren Hits längst Kulturgut sind und sich Ihre Fans sicher schon gefreut haben, Sie auf einem Ihrer 40 Konzerte zu erleben. Und da ich mal ein stimmungsvolles Nena-Konzert erleben durfte, kann ich Ihre Absage, selbst als Nicht-Fan, auch persönlich nachvollziehen.
Und ein Ja zum zeitweiligen Karriereende, weil – auch angesichts halbwegs funktionierender Sommerkonzerte – das Bewusstsein darüber noch immer fehlen dürfte, wie sehr eine ganze Branche leidet und nicht mehr wirtschaftlich arbeiten darf.
Klar üben Sie, liebe Nena, direkte Kritik an Maßnahmen, die in Ihren Augen sinnfrei sind. Ebenfalls sinnfreie Gegenangriffe folgten prompt, nach dem Motto: Nena hat bis jetzt kaum Konzertkarten verkauft. Doch jeder weiß inzwischen, dass man in diesen Zeiten keine Konzertkarten ein Jahr im Voraus kauft.
Unterm Strich lautet die eigentliche Frage: Wann bekommen Konzertveranstalter eine echte Perspektive? Wann darf man wieder hoffen – auf unbeschwertes Tanzen bei Sommerfestivals und auf Veranstalter und Künstler, die wieder Lust haben, ihrem Beruf nachzugehen. In diesem Sinne, liebe Nena, gut dass Sie, stellvertretend für alle Künstler, ein Zeichen setzen, das sich die meisten Künstler finanziell nicht leisten können.
Hier könnten die 2022er-Tour-Termine von Nena stehen.