Get inspired – 23. Gospelnight Dresden endlich wieder on tour!

„So habe ich unsere Kirche noch nie erlebt!“ – Über Ostern wird endlich wieder gegospelt, was das Zeug hält.

Von Marie-Luise Redlich
Die Gospelnight geht wieder auf Tour - dieses Jahr über Ostern.
Die Gospelnight geht wieder auf Tour - dieses Jahr über Ostern. © Silko Höppner

Seit über zwanzig Jahren begeistert ein musikalisches Großevent Jahr für Jahr Fans aus Dresden und ganz Sachsen. Während in der Nacht des Heiligabend die einen ihre Überdosis Kartoffelsalat verdauen, zieht es andere dorthin, wo „Stille Nacht“ nicht ganz so wörtlich genommen wird. Wenn pünktlich ab 23 Uhr satte Bandklänge und Chorsound einen Kirchraum erzittern lassen, ist man angekommen: bei der Gospelnight Dresden. Nachdem coronabedingt die Gospelnight an zwei Weihnachtsfesten in Folge ausfallen musste, darf das beliebte Musikspektakel nun endlich zum 23. Mal stattfinden – ausnahmsweise an Ostern.
Was heute als professionelles Event auf Tour geht, begann 1998 als „Stammkneipen-Idee“ dreier Chorleiter, darunter Gospelnight-Leiter Andreas Steffens. „Es gab damals in der Strehlener Christuskirchgemeinde ganz verschiedene Chorgruppen. Diese setzten sich irgendwann zusammen und sagten: Wollen wir an Weihnachten nicht einmal weg von dem Traditionellen und etwas Neues machen? – Daraus entstand die Idee, gemeinsam eine Gospel-Christvesper auf die Beine zu stellen“, erinnert sich Steffens.
Das Vorhaben stieß auf so großen Zuspruch und Begeisterung, dass man sich entschloss, die Idee fortzuführen – die Gospelnight war geboren.

Traditionell hört man am Heiligabend 100 bis 120 Choristen, deren Stimmen zu einem mitreißenden Gospelsound verschmelzen. Geprobt wird als Projektchor, Mitglieder können jedes Jahr frei über ihre Teilnahme entscheiden – viele sind jedoch als ‚fester Kern‘ regelmäßig dabei, einige seit über zehn Jahren. „Die Hauptwerbung passiert durch unsere SängerInnen“, erzählt Steffens, „da werden Freunde und Bekannte zu den Auftritten eingeladen, und die sagen danach oft: ‚Toll, da will ich auch mal vorne stehen!‘“

Ursprünglich begann die Gospelnight als Jugendchor, ab 14 Jahren war die Teilnahme möglich – das ist bis heute so. Mittlerweile hat sich das Projekt mehr zu einer Erwachsenen-Besetzung gewandelt, viele SängerInnen sind in den Dreißigern, das Spektrum reicht bis Mitte 60. Gleichzeitig gebe es aber auch Familien, die mit ihren Kindern im Teenager-Alter gemeinsam teilnehmen, erzählt Leiterin Jacqueline Zorn. „Es ist ein altersübergreifendes Projekt geworden, was total schön ist. Es funktioniert eben von den 14-jährigen bis zu den 65-jährigen.“ Steffens ergänzt: „Ich glaube, darin widerspiegelt sich das gemeinsame Interesse für ‚Modern Gospel‘, was wir vor allem singen. Und das Anliegen, Kirche damit auch wieder moderner zu vermitteln.“ Ein Hauptbeweggrund für die Teilnahme an der Gospelnight sei bei den meisten das starke Gemeinschaftserleben: der Spaß, gemeinsames Wegfahren auf Touren und die darin liegende Erfahrung, Freundschaften zu knüpfen. Aber auch der Wunsch, Teil einer so eindrucksvollen musikalischen Aufführung zu sein, spiele eine wichtige Rolle, vermuten die beiden Leitenden. „Wenn wir auftreten, sagen die Menschen – vor allem in anderen Gemeinden Sachsens – oft: So habe ich unsere Kirche noch nie erlebt!“

Als Projektchor treffen sich die SängerInnen jährlich von September bis Dezember, um sich auf den Höhepunkt am Heiligabend vorzubereiten. Zeit und viel Engagement braucht es dafür allemal: wöchentliche Proben sowie zwei zusätzliche Probenwochenenden stehen in der Projektzeit an, gipfeln in der Premierennacht am 24. Dezember– und im Januar folgt gleich die Tour durch Sachsen, dreimal wird noch konzertiert. Im Tourbus geht es von einem Konzertort zum nächsten, mit Übernachtungen und ständigem Auf- und Abbau. „Das ist richtiges Rock´n´Roll. Danach braucht man einen Tag Urlaub“, erklärt Steffens begeistert. Dies bedeute aber insbesondere auch für die künstlerische Leitung und die Bandbesetzung – oftmals Berufsmusiker – eine aufwands- und zeitintensive Herausforderung.

Der Leiter erinnert sich, wie Corona der Gospelnight gleich zweimal einen Strich durch die Rechnung machte: „Wir haben im September 2021 noch normal mit den Proben begonnen, mit reduzierter Teilnehmerzahl, um die Abstände halten zu können. Dann mussten wir im November leider unterbrechen wegen des Lockdowns. Im Februar 2022 haben wir wieder mit Proben begonnen, dann fiel zwischenzeitlich aber Chorleiter Michael Blessing gesundheitlich aus.“ Dadurch sei es aber zu einem besonderen Experiment gekommen: „Dann hat es tatsächlich – und das war eine tolle Geschichte – die erste Online-Probe der Gospelnight gegeben! Das haben wir noch nie erlebt. Mit verschiedenen Rooms für die einzelnen Stimmgruppen… das war etwas Besonderes und hat ganz viel gebracht“, schwärmt der Leiter im Rückblick.

Ein starkes Team steht hinter den Musikern.
Ein starkes Team steht hinter den Musikern. © Vivien Ripplinger

Nach wochenlanger Ungewissheit standen Anfang März endlich die Chancen gut, eine Gospelnight an Ostern tatsächlich realisieren zu können – nun hieß es: Vollgas geben. Wie es sich anfühlt, nun wirklich durchzustarten, die Auftritte in greifbarer Nähe zu wissen? „Uns geht es damit total gut“, strahlt Zorn, „weil wir endlich einen Erfolg sehen. Als ein ehrenamtliches Projekt geht es bei uns ja auch viel um Motivation – wir haben ein tolles Team hinter uns, und das musste über die letzten beiden Jahre lange durchhalten. Das war wirklich hart. Die Gospelnight ist ja der Erfolg, auf den man monatelang hinarbeitet.“ Insbesondere die ständigen ‚Stops‘ in der Vorbereitung zehrten an den Nerven, erklärt Steffens – immer wieder habe man auf ein Neues geplant, um dann pandemiebedingte kurzfristige Absagen hinnehmen zu müssen. Umso euphorischer sei dafür die erste gemeinsame Probe Ende März gewesen: „Wir trafen uns das erste Mal mit allen SängerInnen, der Band, den Solisten. Das war der Knackpunkt, wo es sich erstmals wieder nach Gospelnight anhörte und anfühlte“, erinnert sich der Leiter. „Das war ein ganz wichtiger Moment. Das fühlen wir in der Leitung und auch im Team, dass es jetzt plötzlich ‚heiß‘ wird. Unsere Whats-App-Gruppe glüht“, lacht Steffens.

Allein logistisch ist die Planung von Proben, Auftritten und Touren mit über einhundert Beteiligten eine Management-Aufgabe der Meisterklasse. Dafür steht hinter der Umsetzung des aufwändigen Projektes jedes Jahr ein engagiertes, hochmotiviertes Team ehrenamtlicher Mitarbeitender. „Wenn wir normalerweise im Januar auf Tour gehen, gibt es oftmals große Überraschung in den besuchten Gemeinden“, verrät Steffens mit leiser Belustigung. „Bevor dort ein einziger Sänger oder ein Bandmitglied anrückt, trifft erstmal eine Crew von 30 Personen ein, Technik, Verpflegung, Sicherheit usw. Die fangen erstmal an zu arbeiten, damit später die über hundert Musiker eintreffen können!“

Dieses Jahr ist alles etwas anders als sonst – und dies nicht nur durch die zeitliche Umlagerung von Heiligabend auf Ostern. Auch die Chorbesetzung ist dieses Mal kleiner, als Gospelnight-Kenner es gewohnt sind: Als man im Herbst 2021 mit der Probenphase begann, griffen noch Coronaauflagen und Abstandsregelungen, nur etwa 50 SängerInnen durften zugelassen werden. Auch die traditionelle Tour durch Sachsen ist bei der diesjährigen Ostervariante an die aktuellen Bedingungen und die Kurzfristigkeit angepasst: Ausnahmsweise vor dem Auftritt in Dresden wird man in Dippoldiswalde und Radebeul konzertieren, aber ohne Tourbus und Übernachtungen. „Wir wussten einfach noch nicht, was möglich sein wird“, erklärt Zorn. „Deshalb haben wir uns für Orte entschieden, die gut erreichbar sind, damit die SängerInnen selber anreisen können. Wir wollten nicht zu viele Unsicherheiten schaffen. Aber dass Kultur überhaupt wieder etabliert werden darf, ist schon viel wert“, ist sich die Leiterin sicher.

Die Auftritte selbst sind als Gospel-Gottesdienst angelegt. Daher ist auch der Eintritt frei, es wird am Ausgang eine Spende erbeten. Die Zuhörer erwartet eine geballte Ladung Gospelklang, gleichzeitig sind die traditionellen Elemente eines Gottesdienstes enthalten. Dazwischen gibt es immer wieder Musik, Musik, Musik: Modern-Gospel-Sound mit Band und klangvollen Solos. Eine Einladung zum Mitsingen, Tanzen und Feiern. Definitiv kein Still-Sitz-Konzert.
Lohnt sich ein Besuch denn auch für Menschen, die nicht konfessionell gebunden sind? Auf jeden Fall, betont Zorn: „Etwa die Hälfte des Publikums ist konfessionslos und kommt einfach, weil sie die Musik toll findet.“ Gerade bei den traditionellen Nacht-Konzerten an Heiligabend sei der Anteil Nichtkonfessioneller hoch, überlegt Steffens: „Viele Zuhörer kommen dann einfach wegen der Gospelnight, nicht wegen Kirche.“

Die Gospelnight überzeugt im Übrigen nicht nur durch stimmgewaltigen Chorklang, sondern engagiert sich auch dafür, hilfsbedürftigen Menschen eine Stimme zu geben. Jedes Jahr wird ein vom Chor demokratisch gewähltes soziales Projekt – Interessenten können sich dafür bewerben – mit einem Teil des Haushalts unterstützt. Steffens betont, das Anliegen richte sich explizit auf das Fördern kleiner, aber konkreter Projekte, welche möglichst abgeschlossen sein sollten. Ziel sei nicht, Spenden in einen unspezifischen ‚Topf‘ großer Organisationen auszuschütten, sondern darauf zu achten, dass das Geld wirklich vor Ort ankomme. Die 23. Gospelnight hilft dieses Jahr der Hungerhilfe für Madagaskar.

Wenn alles klappt, soll es in der zweiten Jahreshälfte wieder in den üblichen Rhythmus gehen – mit der Vorbereitung auf Heiligabend würde die nächste Probensaison im September 2022 starten. Damit stände im kommenden Jahr schon das 25-jährige Jubiläum an – die beiden Leitenden sind schon voll vorfreudiger Aufregung: „Wir spinnen schon erste Ideen und arbeiten darauf hin… das wird dann etwas Großes sein!“ Nun gílt es aber zunächst, den Endspurt zu schaffen: Bereits am 9. April geht es nach Dippoldiswalde, am 10. April nach Radebeul – den Höhepunkt bildet abschließend die Dresdner Gospelnight am Ostermontag. Bleibt nur noch ein abschließendes Resümee: „Wir sind dankbar, dass es jetzt wieder losgehen kann. Wir spüren viel Energie und hoffen, dass wir die Häuser vollkriegen und die Menschen begeistern können!“

Zuhören und Erleben

Samstag, 09.04.22: Stadtkirche Dippoldiswalde, 19 Uhr
Sonntag, 10.04.22: Lutherkirche Radebeul, 18 Uhr
Ostermontag, 18.04.22: Christuskirche Strehlen, 19 Uhr

Eintritt frei. Die Kollekte kommt der Gospelnight Dresden sowie einem ausgewählten Projekt für Menschen in Not zugute.

Mehr Infos gibt es auf der Homepage hier.