Augusto fragt nach... beim Universitätschor Dresden

Eines der größten und ältesten Dresdner Vokalensemble stellt sich vor.

Von Marie-Luise Redlich
Franziska Strehlow - Sängerin und Vorstandsfrau beim Universitätschor
Franziska Strehlow - Sängerin und Vorstandsfrau beim Universitätschor © Franziska Strehlow

Mit über 150 Mitgliedern ist der Universitätschor einer der größten Chöre in Dresden. Ergänzt durch ein kleineres Kammerensemble, wird ein breites Repertoire abgedeckt, das von klangewaltigen Oratorien bis hin zu zeitgenössischen Uraufführungen reicht. Was das alles am Ende mit einer Fahrradtour zu tun hat, erklärt uns Vorstandsfrau Franziska Strehlow.

Was für eine Art Chor ist der Universitätschor und welche Besonderheiten zeichnen ihn aus?
Der Universitätschor ist ein gemischter Chor, der an der Technischen Universität Dresden (TUD) verankert ist. Wir sind ein sehr großer Chor, mit über 150 Mitgliedern. Zusätzlich gibt es noch das Kammerensemble mit etwa 40 SängerInnen. Ich würde sagen, dass der Unichor das künstlerische und kulturelle Leben an der TU prägt, aber eben auch über Dresdner Grenzen hinaus wirkt. Das zeigt sich an den vielfältigen Projekten, Konzerten und Kooperationen mit Partnerstädten, auch über Landesgrenzen hinaus.

Worin unterscheidet sich das Kammerensemble vom großen Chor?
Der Kammerchor besteht aus einer kleineren Gruppe von Mitgliedern des Universitätschores, die musikalisch und stimmlich besonders gefordert und gefördert werden wollen. Ein wesentlicher Unterschied ist, dass im Kammerchor hauptsächlich a-cappella musiziert wird und viele unbekannte Werke auch mit hohem Schwierigkeitsgrad erarbeitet werden. 

Wie würden Sie die musikalischen Vorlieben des Universitätschores beschreiben?
Als Mitgliedschor des Verbands Deutscher Konzertchöre ist es unser Anspruch, Chormusik aller Genre und Stilepochen auf hohem künstlerischem Niveau umzusetzen. In den letzten zehn Jahren hat die Chorleitung Wert darauf gelegt, dem Chor sämtliche Epochen nahezubringen und mit bekannten Orchestern und Solisten zusammen zu arbeiten. Wir haben beispielsweise große Oratorien wie Händels Saul, von Mendelssohn Elias und Paulus, aber auch Werke lebender Komponisten wie Doves There was a Child oder eine moderne Kammeroper aufgeführt.
2015 war sogar eine Auftragskomposition und Uraufführung von Alexander Keuk dabei. Bei den sinfonischen Konzerten haben wir mit namhaften Ensembles wie der Batzdorfer Hofkapelle, der Sächsischen Bläserphilharmonie, Mitgliedern der Sächsischen Staatskapelle, den Berliner Philharmonikern, dem Israel Philharmonic Orchestra, aber auch mit verschiedenen europäischen Universitätsorchestern konzertiert. 

Erarbeiten Sie auch A-cappella-Musik?
Ja, durchaus! Auch der Große Chor pflegt intensiv ein Repertoire an A-cappella-Musik. Programme von Palestrina bis zu einem modernen Real-Group-Satz werden gesungen. Dabei sind die A-cappella-Programme breit gefächert und vereinen geistliche wie weltliche Sätze, auch moderne Volksliedsätze. Wir versuchen das im Wechsel aufzuführen: Mal ein Projekt, das etwas opulenter besetzt und damit auch für die Chorkasse sehr intensiv ist, mit Orchester und Solisten. Und dann wieder ein A-cappella-Projekt.

Inwiefern hat der Chor denn mit „Universität“ zu tun, wie der Name vermuten lässt?
Der Universitätschor ist eines der ältesten kulturellen Ensembles, die es an der TU Dresden gibt. Er wurde beim Wiederaufbau der Universität nach dem zweiten Weltkrieg gegründet. Viele Mitglieder sind Studierende an der TU, DoktorandInnen oder MitarbeiterInnen. Zum Semesterbeginn merkt man da auch immer einen starken Zustrom. Allerdings ist das keine Bedingung. Um bei uns mitzusingen, muss man kein TU-Mitglied sein. Um Mitglied zu werden, sollte man ein paar musikalische Vorkenntnisse mitbringen sowie vor allem Neugierde auf Chormusik und Spaß am Singen. 

Universitätschor Dresden
Universitätschor Dresden © Johannes G. Schmidt

Gibt es sonstige Besonderheiten des Chores, über die wir noch nicht gesprochen haben?
Eine Besonderheit bei uns ist auch unser Stimmbildungsangebot. Dieses ist kostenlos und steht allen Mitgliedern parallel zur Probe offen. Was außerdem am Unichor besonders ist, ist ganz klar das Gemeinschaftsgefühl. Das ist auch während des Singens zu spüren. Vor allem die verschiedenen Fahrten über das Jahr, wie Probenlager, Konzertreisen oder die Radtour, stärken dieses und lassen Freundschaften entstehen, die zur gemeinsamen Freizeitgestaltung auch unabhängig vom Unichor führen.

Wie war es denn, jetzt wieder in die Präsenzproben zu starten?
Wir freuen uns sehr, dass es jetzt wieder live und in Farbe geht, auch wenn es zunächst ein großer organisatorischer Aufwand war. Wir haben bereits in 2021 immer wieder versucht, Proben in Präsenz stattfinden zu lassen und konnten unter strengen Hygieneauflagen und mit einem ausgereiften Testkonzept sogar eine Konzertreise nach Salzburg unternehmen und im Sommer unsere Konzert- Radtour durch die Lausitz machen. Trotz der starken Einschränkungen im Freistaat Sachsen haben wir versucht, die Chorgemeinschaft am Leben zu erhalten und die ganze Zeit digital Proben durchzuführen. Aber endlich wieder in Präsenz proben zu dürfen, ist wahnsinnig viel wert. Auch wenn wir unsere Proben immer noch streamen, sodass jede/r auch von zu Hause aus daran teilnehmen kann.

Wie haben Sie die erste Probe ganz persönlich erlebt?
Es war schon ein bisschen aufregend bei der ersten Präsenzprobe: die kleine Schlange vor dem Hörsaalzentrum, um mit den Nachweisen einzuchecken. Das Wiedersehen mit all den bekannten Gesichtern. Die Aufregung: gar nicht zu wissen, mit wem man zuerst reden soll, und wo man sich nun die Noten holt. Es war einfach schön, die anderen wiederzusehen und gemeinsam zu singen. Ich selbst habe bei mir gemerkt: Die Stimmbänder mussten kurz daran erinnert werden, was sie eigentlich machen müssen.

Was für Projekte oder Höhepunkte sind für 2022 noch geplant?
Im Mai werden wir unter anderem die Carmina Burana von Carl Orff aufführen. Ein weiteres Highlight ist das Kulturfest der TU Dresden am 25. Juni, das von allen künstlerischen Gruppen der TU gestaltet wird. Am 26. Juni singt der Kammerchor sein Sommerkonzert in der Garnisonkirche. Anfang Juli führt der Große Chor sein A-cappella-Programm More than words in der Martin-Luther-Kirche Dresden auf. Das Ende der Sommerhighlights bildet die Chorradtour im August.

Sie erwähnten bereits mehrfach die Chor-Radtour. Was ist das denn?
Dabei fahren wir im Sommer eine Woche lang mit ca. 35 SängerInnen Rad und konzertieren im ländlichen Raum. Das Ziel ist es, alte Dorfkirchen wieder mit Musik zu beleben. Dafür werden täglich Etappen von ca. 30 km zurückgelegt, es wird abends in kleinen Kirchen ein Konzert gegeben, im Pfarrgarten gezeltet und von der Kollekte wird die Selbstversorgung sichergestellt. Das ist auch immer ein schönes, gemeinsames Erlebnis.

Weitere Chor-Interviews gibt´s hier.

Hören und Erleben 2022

14. und 15. Mai: Carmina Burana von Carl Orff und The Passing of The Year von Jonathan Dove, zusammen mit SolistInnen der Universität Mozarteum Salzburg und SolistInnen der Schlagwerkklasse der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden. Ort: Lukaskirche Dresden.

26. Juni: Sommerkonzert des Kammerchores, Werke von Britten, Krenek, Mendelssohn und Finzi. Ort: Garnisonkirche Dresden.

9. Juli: A-Cappella-Programm More than words: Ein farbiges Programm mit Chormusik fast aller Stilepochen, geistlicher und weltlicher Werke. Es steht das breite Klangspektrum des Chores im Mittelpunkt, vom schlichten 4 -stimmigen Satz bis zu 16-stimmigen Werken. Ort: Martin-Luther-Kirche Dresden.

12. bis 19. August: Chor-Radtour

Aktuelle Infos sind immer auf der Chor-Homepage unter www.unichor-dresden.de zu finden.