Im Rampenlicht

Die Augusto-Kolumne - diesmal an Schauspieler Tom Schilling, der zum namenlosen Musiker wurde.

Von Tom Vörös
Kolumnen-Autor Tom Vörös in Aktion.
Kolumnen-Autor Tom Vörös in Aktion. © DDV-Media

Lieber Tom Schilling,

willkommen auf der anderen Seite. Sie haben sich also auch mal im Roman „Die andere Seite“ des surrealistischen Malers Alfred Kubin verloren. Darin nimmt ein Ehepaar Abschied vom bisherigen Leben und folgt der Einladung eines ehemaligen guten Schulfreundes – in ein fremdes, nie gehörtes Land, das von ihm regiert wird. Man glaubt den Schulfreund gut zu kennen, vertraut ihm und folgt der Einladung. Aber nach den ersten Wochen im selbstgewählten Exil wird immer klarer: Dieser Schulfreund ist längst nicht mehr derselbe.

Lieber Tom Schilling, Ihre Band heißt jetzt Die andere Seite. Sie wollen, aus nachvollziehbaren Gründen, Ihren Namen nicht mehr auf Tonträgern lesen. Sie wollen sich als Musiker quasi auflösen, ähnlich wie in Ihren Schauspielrollen, Sie wollen ins Dunkle, ins Ungewisse, dorthin, wo wir alle namenlos sein dürfen.

Zurück zur hiesigen Seite der Wirklichkeit: Als ich Sie mal zu einer Filmpremiere in Dresden vor der Schauburg kurz ansah und Sie sich sofort wegdrehten, da merkte ich, dass es Ihnen schnell unangenehm wurde erkannt zu werden. Sie selbst sagen von sich: Meine künstlerische Kraft entsteht aus diesem merkwürdigen Nebeneinander von Intimität und Unnahbarkeit. Nun, vielleicht treffen wir uns eines Tages auf der anderen Seite wieder. Nur werde auch ich Sie dort nicht erkennen und Sie mich auch nicht. Wir könnten uns aber ganz neu begegnen und uns vielleicht zwei neue, verschiedene Vornamen geben.

Die andere Seite, 29.5., 20 Uhr, Schauburg, Dresden