Im Rampenlicht

Die Augusto-Kolumne - diesmal an alle Blumenkinder dieser Musikwelt.

Von Tom Vörös
Im Rampenlicht
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Liebe Blumenkinder,

wir leben wie in grauen Vorzeiten. Der Frühling sprießt in weiter Ferne, Livemusik tönt blechern aus den Laptop-Boxen und nun ist auch noch der Erfinder des legendären Woodstock-Festivals mit 77 Jahren gestorben. Michael Lang hieß der Lockenkopf, der der 1969 von einem Acker aus der Welt drei Tage Frieden, Liebe und Musik bescherte – aber auch viele Drogen, Schlammbäder und eine für so viele Leute völlig unzureichende Versorgung. Der schlammige Woodstock-Karren wurde jahrzehntelang weitergeölt, gepflegt, glorifiziert und in den 90ern zweimal, weit weniger spektakulär, neu aufgelegt. 2019 sollte er als Festival noch einmal losholpern, mit aktuellen Künstlern. Doch die Sponsoren sprangen ab, hatten vielleicht Spekulations-Ängste vor geringen Gewinnmargen eines Festivals, das von der Idee eines erschwinglichen Gemeinwohls lebt.
In den fast drei Jahren nach diesem Versuch ist die Hoffnung auf ein freies Festivalleben völlig im Morast versunken. Doch aktuell blitzt zumindest ein Fünkchen Hoffnung auf. Im weihrauchverhangenen Geiste und hinter Millionen von Masken glaubt man, erste glückliche Gesichter zu erkennen, erste euphorische Musikfans, die sich, völlig gedankenlos, an den Händen fassen und gemeinsam in Richtung Rampenlicht ausschwärmen, um allen Skeptikern wortlos zu sagen: Wenn weder „Omi- noch Deltakron“ uns etwas anhaben kann, stehen Millionen von demaskierten Lebemenschen bereit, um den verlorenen Karren aus dem Schlamm zu ziehen und mit frischen Blumen zu schmücken.